Mutterkraut

Wissenschaftlicher Name: Tanacetum parthenium, Chrysanthemum parthenium
Pharmazeutischer Name: Tanaceti partheni herba, Partheni herba
Synonyme: falsche Kamille, Zierkamille, Drudenkraut, Fieberkraut, Hermel, Hermelin, Hermünzel, Jungfernkraut, Mägdeblümen, Maraun
Familie: Asteraceae (Korbblütler)

Heimat & Botanik

Das Mutterkraut stammt ursprünglich aus Vorderasien und hat sich über den Balkan in Europa verbreitet. Mit Seefahrern, Siedlern und Reisenden gelangte es zudem nach Asien, Australien, Nord- und Südamerika. Man findet das Mutterkraut in Gärten, an Wegrändern oder auf Schuttplätzen.

Mutterkraut ist eine sehr ausdauernde, buschige Pflanze. Das Kraut wird dreißig bis achtzig Zentimeter hoch und verholzt an der Basis. Es überwintert dank eines Rhizoms, dem Wurzelstock. Die doppelt-gefiederten, gelb-grünen Blätter sind wechselständig angeordnet und fast kahl. Sie werden bis zu acht Zentimeter lang.

Von Juli bis Oktober blühen die kleinen Blüten mit einem Durchmesser von ca. zwei Zentimetern. Etwa sechzig Hüllblätter sind dachziegelartig angeordnet, sind jedoch durch den eigentlichen Blütenkorb verdeckt. Zehn bis zwanzig weiße Zungenblüten bilden einen Kreis um den inneren Blütenkorb mit den gelben Röhrenblüten. Die Blüten stehen in flachen Blütenständen dicht zusammen und riechen sehr charakteristisch.

Die deutsche Bezeichnung Mutterkraut wird ebenso wie das Synonym Jungfernkraut darauf zurückgeführt, dass die Pflanze bei Frauenleiden eingesetzt werden kann. Von Theophrast, Galen und Dioskurides ist der Name Parthénium aus der Antike überliefert, der von dem griechischen Wort "Parthénos" für Jungfrau abstammt. Linné gab ihr den Gattungsnamen Matricaria, das sich einerseits vom lateinischen Mater für Mutter und andererseits vom lateinischen Matrix für Gebärmutter herleiten lässt. Damit wird zugleich die Verwandtschaft und Ähnlichkeit mit der Kamille aufgegriffen. Der botanische Name "Tanacetum" nimmt Bezug auf die Zugehörigkeit des Mutterkrauts zur Unterfamilie der Wucherblumen, während "Chrysantemum" die chrysanthemenartige Gestalt der Blätter aufgreift.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • kühl
  • trocken

Geschmack

  • bitter
  • leicht scharf

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Leber, Herz, Lunge, Dickdarm

Oberfläche öffnendes Kraut

Wind-Hitze eliminierendes Kraut - schwebend

  • Spannungskopfschmerzen, grippale Infekte, Fieber, Tonsilitis, Bronchitis, Rhinitis, Arthritis, Zahnschmerzen, Insektenstiche, Psoriasis

Hitze kühlendes Kraut

Feuer ableitendes Kraut 

  • Hypertonie, Hysterie, Gastritis, Dyspepsie, Stirnkopfschmerzen

Hitze in der Leber behandelndes Kraut

Leber-Yang absenkendes Kraut

  • Migräne, klopfende Kopfschmerzen hinter den Augen, an den Schläfen, den Augenbrauen, im Verlauf von Leber- oder Gallenblasenmeridian
  • Schwindel, Tinnitus, Schlafstörungen

Leber-Wind beruhigendes Kraut

  • Trigeminusneuralgie, Neigung zu Epilepsie, Fibromyalgie, Lähmungen, Schwindel, Morbus Menière, Tinnitus, Apoplexgefahr
  • starke ziehende Kopfschmerzen im ganzen Kopf mit abweichender, zittriger Zunge und saitenförmigem Puls

Leber-Feuer kühlendes Kraut

  • Migräne, pochende Kopfschmerzen hinter den Augen, an den Schläfen, den Augenbrauen, im Verlauf von Leber- oder Gallenblasenmeridian
  • roter Kopf, rote Zunge mit gelbem Belag, Konjunktivitis, Hypertonie

Qi bewegendes Kraut

Leber-Qi bewegendes Kraut

  • Völlegefühl, Blähungen, Obstipation, Krämpfe, Gallensteine, Reizbarkeit, Wut, Amenorrhö, Dysmenorrhö, Wehenschwäche, PMS, Brustspannen, Infertilität, zyklusabhängige konstante Kopfschmerzen im Bereich der Stirn oder der Schläfen mit gespanntem Puls, Schwindel, Tinnitus, Schlafstörungen, Fibromyalgie

Parasiten austreibendes Kraut

  • allgemein Würmer, v. a. Maden- und Spulwürmer

Ausführlich werden die Syndrome unter Syndrome und Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die zur Behandlung der entsprechenden Syndrome eingesetzt werden können.

Anwendung

Infus

  • ½ – 1 TL pro Tasse
  • 10 min. abgedeckt ziehen lassen
  • 3 x täglich 1 Tasse a. c.
  • Tagesdosis  0,5-3 g
  • Die Pflanzenstoffe von Mutterkraut sind schlecht wasserlöslich, daher sollte das Pulver bevorzugt werden.

Tinktur

  • 3 x 10-30 Tr. oder nach Herstellerangaben

Pulver

  • Einzeldosis 100-200 mg
  • Tagesdosis max. 600 mg

Fertigarzneimittel

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Relevante Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt.

Nebenwirkungen

  • Stomatitis
  • Verdauungsbeschwerden, Bauchschmerzen
  • Unverträglichkeitsreaktionen

Kontraindikationen

  • Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder und Jugendliche aufgrund mangelnder Erkenntnisse zur Sicherheit
  • bekannte Unterverträglichkeit gegenüber Korbblütlern
  • Einnahme von Antikoagulantien
  • Qi-Leere-Kopfschmerzen

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Mutterkraut

  • hemmt die Blutgerinnung, daher ist ein erhöhtes Blutungsrisiko mit Gerinnungshemmern nicht ausgeschlossen.
  • kann zu einer Zunahme der gastrointestinaler Nebenwirkungen von NSAR führen.
  • hemmt verschiedene Isoenzyme von CYP, so dass es theoretisch zu Interaktionen mit deren Substraten kommen kann.

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung von Mutterkraut zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

ätherisches Öl 0,2-0,7 %

  • Kampfer (56,9 %), Camphen (12,7 %), p-Cymol (5,2 %), Bornylacetat (4,6 %), Borneol, Carvacrol, Caryophyllenoxid, Chrysantheon, ρ-Cymol-8-ol, Eugenol, Isobornyl-2-methylbutanoat, Myrtenal, trans-Myrtenolacetat, α-Pinen, β-Pinen, α-Phellandren, Pinocarvon, α-Terpinen, γ-Terpinen, Terpinen-4-ol, α-Terpineol, Tricylen, α-Thujen

Sesquiterpenlactone 0,2-1,8 %

  • Artecanin, Artemorin, Balchanin, Canin, Costunolid, 10-Epicanin, 11,13-Dehydrocompressanolid, Epoxyartemorin, Epoxysantamarin, 3,4-β-Epoxy-8-desoxycumambrin B, Estafiatin, 3-β-Hydroxy-anhydroverlotorin, 1-β-Hydroxyarbusculin, 3-β-Hydroxycostunolid, 8-α-Hydroxyestagiatin, 8-β-Hydroxyreynosin, 3-β-Hydroxyparthenolid, Hydroxypelenolid, Manolialid, Parthenolid, Peroxyparthenolid, Reynosin, Ridentin, Santamarin, Secotanaparthenolid A, Secotanaparthenolid B, Tanaphartolide A, Tanacetin, Tanaparthin-α-Peroxid

Flavonoide

  • Apigenin, Axillarin, Casticin, Centaureidin, Chrysoeriol, Chrysosplenol C, Hispidulin, Hydroxykaempferolderivate (darunter Tanetin), Jaceidin, Luteolin, Methoxykaempferolderivate, Nevadensin, Quercetagetinderivate, Quercetin, Santin, Tomentin u. a.

Phenolcarbonsäure

  • Chlorogen-, p-Coumar-, Ferula-, Sinapin-, Syringin-, Mono-, Di-, Tricalfeoylchina-, Vanillinsäure

Cumarine

  • Isofraxidin, Isofraxidindrimenylether  (9-Epipectachol B)

Triterpene

  • β-Amyrin, Oleanol- und Ursolsäurederivate

Sterole

  • Campesterol, Fucosterol, β-Sitosterol, Stigmasterol

Fettsäuren

  • Caprin-, Larin-, Linolen-, Myristin-, Palmitinsäure 

Di-und Polyacetylene

Tannine

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • antiinflammatorisch
  • analgetisch
  • spasmolytisch
  • Hemmung der Serotoninfreisetzung aus Thrombozyten
  • Hemmung der Histaminfreisetzung aus Mastzellen
  • antiproliferativ
  • apoptotisch
  • zytotoxisch
  • insektizid
  • anthelmintisch

Geschichte & Mythologie

In der Antike wurde Mutterkraut zum Senken von Fieber genutzt. Man bezeichnet es auch als "Aspirin des Mittelalters" oder "Aspirin des 18. Jahrhunderts", weil es zur Linderung von Schmerzen genutzt wurde. Auch die indianischen Ureinwohner Amerikas schätzten die analgetische Wirkung der Pflanze.

Quellen