Hirtentäschel

Wissenschaftlicher Name: Capsella Bursa Pastoris
Pharmazeutischer Name: Bursae pastoris herba, Bursae pastoris tinktura, Bursae pastoris extractum
Synonyme: Schinkenkraut, Säckelkraut, Löffli, Täschelkraut, Gänsekresse, Taschenknieper, Herzelkraut, Blutkraut, Bauernsenf, Herzkraut
Familie: Brassicaceae/Cruciferae (Kreuzblütengewächs)
 

Heimat & Botanik

Das Hirtentäschel ist eine eigentlich kleine und unscheinbare Pflanze, die früher viele Kinder kannten, weil die kleinen Samenstände, die wie herzförmige Beutel oder Täschchen ausehen, essbar sind. Sie gehört zur Familie der Kreuzblütler und ist also verwandt mit den Kohlarten, Senf und Rettichen. Im Tee kann der leicht schwefelhaltige Geschmack und Geruch wahrgenommen werden, der bei den Verwandten viel dominanter ist. Kreutzblütler bedeutet, dass die Pflanzen Blüten mit nur vier Blütenblättern haben, die sich im Kreuz gegenüberstehen. 

Das Hirtentäschel ist ein bis zweijährig, was davon abhängt, ob sie im Frühling oder eher im Herbst des Jahres keimt. Die im Herbst gewachsenen Pflanzen überdauern den Winter und blühen im nächsten Jahr. Sie bilden für die Größe der Pflanze extrem tiefe Wurzeln, nämlich bis zu 90 cm. Überirdisch bildet das Hirtentäschel zunächst eine Rosette, um dann recht bald einen Blütenstiel zu treiben, der lange bis in den frostfreien Winter hinein immer neue weiße Blüten hervorbringt und sich so sehr in die Länge streckt. Wenn die herzförmigen Schoten aufgehen und die Samen herausfallen, wirkt das Ganze ziemlich durchsichtig. Eine einzige Pflanze kann in einem Jahr bis zu 60.000 Samen bilden, die wiederum bis zu dreißig Jahren keimfähig bleiben. Deshalb und wegen ein paar weiterer Tricks ist sie sehr fruchtbar. Sie liebt helle, lichte Stellen, ist aber zeitlich und auch vom Standort her sehr unabhängig, eigentlich meidet sie nur tropische und extrem kalte Regionen. Wir können sie überall finden: an Wegrändern, auf Schuttplätzen, auf lehmigen, sandigen oder tiefgründigen Böden, bei Überdüngung, in Gärten mit fruchtbaren, aber auch sehr kargen Böden. Ursprünglich war sie im eurasischen Raum beheimatet, inzwischen ist sie weltweit verbreitet. Je nach Standort variiert die Größe der gesamten Pflanze erheblich. Sie erreicht bis zu 60 cm auf nährstoffreichen Böden, auf nährstoffarmen bleibt sie bei kleinen 5 cm.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • kühl-neutral, trocken

Geschmack

  • adstringierend, leicht scharf, sauer, bitter, salzig, leicht süß

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Gebärmutter, Ma, Niere - Blase,  Darm, Leber, Herz, Milz

Das Hirtentäschel kann bei vielen verschiedenen Symptomen lindernd und heilend gegeben werden. Allerdings kann der leichte Geschmack nach Kohl und die schwankenden Inhaltsstoffe ein Grund dafür sein, dass es nicht so häufig eingesetzt wird. Das Hirtentäschel hat drei Hauptschwerpunkte: Es behandelt Feuchte Hitze in vielen Varianten, es stillt Hitze-Blutungen und behandelt hitzige Zustände. Es hat einen Bezug zur Schilddrüse und zu den Augen.

Wind und Nässe eliminierendes Kraut

Hitze, Wind und Nässe eliminierendes Kraut

  • Rheuma, Gicht

Schleim ausleitendes und Husten stillendes Kraut

heißen Schleim zerteileindes Kraut

  • Husten,  Angina tonsillaris

Hitze kühlendes Kraut 

Feuer ableitendes Kraut

  • Diabetes, Hyperthyreose, beruhigt die Schilddrüse
  • Hypertonie, Herzklopfen und -rasen, spontanes Schwitzen
  • Gastritis

Nässe trocknendes Kraut

  • Leber-und Gallebeschwerden, ausleitend, Blutreinigend
  • Juckreiz, Pilzerkrankungen
  • Colitis, Enteritis, Entzündungen von Nieren und Bllase, Nierengries
  • Entzündungen von Gebärmutter und Gebärmutterhals, gelber Ausfluss, Myome, Zysten

Hitze in der Leber behandelndes Kraut

Leber-Feuer kühlendes Kraut

  • Erregbarkeit
  • Ulcus ventriculi und duodeni
  • Augenerkrankungen: verbessert die Sehkraft, Hornhauttrübungen, Glaukom, verbessert Augenstoffwechsel (in Verbindung mit Blutkühlender und regulierender Eigenschaft), schmerzhafte, blutunterlaufende Augen (äußerlich), Konjunktivitis

Blutungen stillendes Kraut

  • besonders Hitze-Blutungen und Blutungen allgemein
  • Zähne-, Mund-, Nasenbluten
  • Blutungen der Lunge, auch der Atemwege, Hautverletzungen
  • Gebärmutterblutungen, verlängerte und zu starke Menstruationsblutungen, Zwischenblutungen, Blutungen in den Wechseljahren, Myom-und Zystenblutungen
  • Darmblutungen, blutende Hämorrhoiden
  • Blutungen der Niere und Blase

Qi bewegendes Kraut

Herz-Qi bewegendes Kraut

  • reguliert Herzblut, bei älterem Herz, Müdigkeit

Adstringierendes Kraut

Durchfall stoppendes Kraut

  • Durchfall, Colitis, Enteritis

Nieren-Qi festigendes Kraut

  • lockere Zähne, Spermatorrhoe, Bettnässen

Sinkendes Milz-Qi hebendes Kraut

  • Uterussenkungen, Krampfadern, Vorfälle (Darmvorfall, Leistenbruch: zusammen mit Frauenmanteltee innerlich)
  • als Mutterkornersatz zum Zusammenziehen der Gebärmutter

Äußerliche Anwendungen

  • zur Desinfektion, besonders im Mund- und Rachenbereich, schlecht heilende Wunden
  • Muskel und Gliederschwund
     

Ausführlich werden die Kategorien unter Kategorien & Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die wir der jeweiligen Kategorie zugeordnet haben.

Anwendung

Infus

  • 3 - 5 g pro Tasse
  • 10 - 15 Minuten abgedeckt ziehen lassen
  • 2 - 4 x täglich 1 Tasse
  • Zur Linderung von starken Menstruationsblutungen beginnt man 3 - 5 Tage vor der Blutung mit dem Tee und trinkt während der Dauer der Blutung.
  • Tagesdosis 3 bis 20 g

Frischpflanzentinktur

  • 1 - 3 x täglich 3 - 5 Tropfen in etwas Wasser
  • abweichende Dosierungen der Hersteller beachten

Fluid- und Trockenextrakt

  • Dosierung nach Herstellerangaben
    z. B. 3 x täglich 1 - 4 ml

Äußerlich für Auflagen zur Blutstillung

  • 10 g auf 100 ml kochendes Wasser
  • abgedeckt 15 Minuten ziehen lassen

Wir setzten Heilpflanzen in der Regel nicht als Einzeldroge, sondern gemeinsam mit anderen Heilpflanzen ein; wie wir sie kombinieren, ist im Abschnitt “Rezepturenlehre” erläutert. Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt. 

Nebenwirkungen

  • Überempfindlichkeitsreaktionen

Vorsicht

Bei Hypothyreose; bei Opstipation

Bei Myomen und Hormonstörungen Anwendung nur nach ärztlicher Abklärung.

Bisher fehlen Erkenntnisse und Daten zur Sicherheit der Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. 

Der Wirkstoffgehalt der Droge ist sehr unterschiedlich!!

Kontraindikationen

  • während der Schwangerschaft, da sie Kontraktionen hervorruft
  • Bekannte Überempfindlichkeit

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

Flavonoide

  • u. a. Aracetin, Apigenin, Chrysoeriol, Diosmin, Isorhamnetin, Kämpferol, Licoflavonol, Luteolin, Quercetin, Rutin und Derivate

Phenolcarbonsäuren

  • u. a. China-, Chlorogen-, p-Cumar-, Ferualsäure und Derivate

Aminosäuren

  • Arginin, Asparagin, Cystein, Glycin, Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Ornithin, Phenylalanin, Prolin, Serin, Threonin, Tryptophan, Tyrosin, Valin

Fettsäuren

  • u. a. Arachidon-, Linol-, Myristicin-, Öl-, Palmitinsäure

andere Pflanzensäuren

  • Apfel-, Capsella-, Fumar-, Oxal-, Shikimin-, Zitronensäure

Sterole

  • wie Campesterol, Cholesterol, Ergosterol, Lupeol, β-Sitosterol, Stigmasterol und Derivate

Phenylglykoside

  • wie Capselloside, Coniferin, Glucopyanoside, Lariciresinolglykoside

Vitamine

  • Niacin, Riboflavin, Thiamin, Vitamine A und C

Mineralstoffe und Spurenelemente

  • Calcium, Eisen, Kalium, Kobalt, Kupfer, Mangan, Natrium, Zink

Sonstige

  • Amine, Alkaloide

Die Zusammensetzung der Pflanzenstoffe kann sich je nach Standort, Klima und Zeitpunkt der Ernte der Arzneidroge sowie dem Auszugsmittel und der Darreichungsform unterscheiden. Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • antihämorrhagisch
  • antiinflammatorisch
  • antixoidativ
  • antibakteriell
  • antimykotisch

Geschichte & Mythologie

Quellen