Blutwurz

Wissenschaftlicher Name: Potentilla Tormentilla, auch Potentilla Erecta
Pharmazeutischer Name: Tormentillae rhizoma
Synonyme: aufrechtes Fingerkraut, Blutwurzel, Bauchwehkraut, Bauchwehwurz, Birkenwurz, Christuskrone, Dilledapp, Heilwurz, Mooreckel, Rotwurz, Ruhrkraut, Ruhrwurz, Siebenfinger
Familie: Rosaceae (Rosengewächse)

Heimat & Botanik

Die Blutwurz ist eine sehr kleine, unscheinbare Pflanze, die sich in Wiesen und im Gras wohlfühlt. Sie wird 5 bis maximal 10 cm groß. Die Blutwurz kann auch in großen Höhen vorkommen und fällt durch ihre leuchtend gelben, aber kleinen Blüten auf. Sie sind vierzählig. Diese Ausnahme ist sehr selten bei den Rosengewächsen, zu denen sie gehört. Sie hat feste, stark ausdifferenzierte Blätter, die aber klein sind, und eine kräftige, große Wurzel nach der sie benannt ist. Diese Wurzel kann Daumen dick werden und läuft blutrot über, wenn sie angeschnitten oder verletzt wird. Die Blutwurz wird leicht mit den Fingerkräutern verwechselt, diese haben aber fünf Kronblätter und sind insgesamt größer.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • neutral bis kühlend

Wirkrichtung

  • hebend, haltend, adstringierend

Geschmack

  • stark zusammenziehend, süßlich, roh: im Nachgeschmack chlorartig, brennend, also auch scharf

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der Chinesischen Medizin

Tropismus: Magen, Milz, Dünndarm, Dickdarm, Gebärmutter

Die Blutwurz heißt Tormentilla potentilla, die potente - das heißt kräftige und mächtige - Tormentilla. Sie ist eine Heilpflanze mit sehr vielen Gerbstoffen, die schon seit altersher zur Blutstillung und bei starken Durchfällen gegeben wird. Früher wurde sie auch bei venerischen Erkrankungen, das sind die Geschlechtskrankheiten, gegeben. Dafür gibt es inzwischen sichere und schneller wirksame Medikamente, aber es zeigt auf, was der kleinen Blutwurz an Heilwirkung zugetraut wurde. In einem kleinen Büchlein über Ängste und deren Behandlung mit Heilpflanzen wurde die gute Wirkung der Tormentill beschrieben. Bewährt hat sich die kleine Gabe von Blutwurz innerhalb einer Teemischung (10- 20g Tormentill in 200 g Mischung) zusammen mit anderen Heilpflanzen bei bodenlosen oder nicht begründbaren Ängsten.  Sie hilft auch bei Zuständen, wo eine oder einer sich vor Angst in die Hose macht.

Sie hebt und hält vor allem das Milz Qi und hilft deshalb bei allen Blutungen, Durchfällen, Organsenkungen und bei Neigung zu Fehlgeburten, kann aber auch durch den hohen Gerbstoffgehalt einigen Bakterien und Viren die Stirn bieten.

Hitze kühlendes Kraut

Nässe trocknendes Kraut

  • Ruhr, Typhus, Paratyphus, Cholera, Enteritiden, blutige, infektiöse Darmerkrankungen, Mb. Crohn,  Colitis ulcerosa, akute und chronische Entzündungen des Dick- und Dünndarms, alte Pestpflanze,  Sommerdurchfälle,  Brechdurchfälle 

Blut kühlendes Kraut

  • Menorrhagien, Magenblutungen, Nasenbluten, venerische Erkrankungen

toxische Hitze ausleitendes Kraut

  • entzündete Mandeln, Magengeschwür, Zahnfleischgeschwüre, Vergiftungen

Blutungen stillendes Kraut

  • stoppt Blutungen aller Art, Zahnfleischbluten, Nasenbluten, langandauernde und häufige Regelblutungen, Gebärmutterblutungen, Menorrhagien (verlängerte Blutung), Metrorrhagien (Zwischenblutung), Hämorrhoiden, Magenblutungen, Darmblutungen, bewegt auch Blut: Amenorrhö, schmerzhafte Menstruation

Adstringierendes Kraut

Durchfall stoppendes Kraut

  • kräftigt die Schleimhäute (des Verdauungskanals) und adstringiert sie, chronische Durchfälle, Durchfälle aller Art

sinkendes Milz Qi hebendes Kraut

  • Paradontose, Druckstellen von Zahnprothesen, Ausfluß, zieht verletzte Gefäße zusammen, Abortneigung, bodenlose Ängste
  • Organsenkungen: Gebärmuttersenkung, Blasensenkung,  Analprolaps

Äußerlich anwendbares Kraut

  • Erfrierungen, schlecht heilende Wunden, Verbrennungen, Hämorrhoiden, nässende Ekzeme, Wunden, unreine Haut, Flechten, Ausschläge, aufgerissene Hände,  Entzündungen der Augen

Ausführlich werden die Kategorien unter Kategorien & Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die wir der jeweiligen Kategorie zugeordnet haben.
 

Anwendungen

Infus oder Dekokt 

  • ½ TL (1 TL = ca. 3,5 g) oder 0,6-2 g  pro Tasse
  • 10-20 min. abgedeckt ziehen lassen
  • 3 x tägl. 1 Tasse a. c.
  • Tagesdosis: 2 - 4 g

Urtinktur

  • 2-3 x täglich 20 Tr. (2-3 x 1 ml)

Mundspray

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Wir setzten Heilpflanzen in der Regel nicht als Einzeldroge, sondern gemeinsam mit anderen Heilpflanzen ein; wie wir sie kombinieren, ist im Abschnitt “Rezepturenlehre” erläutert. Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt. 

Nebenwirkungen

  • Übelkeit aufgrund des hohen Gehalts an Gerbstoffen
  • Verstopfung

Vorsicht

Bisher fehlen Erkenntnisse und Daten zur Sicherheit der Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. 

Kontraindikationen

  • Verstopfung
  • bekannte Unverträglichkeiten (Allergien)

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Gerbstoffdrogen 

  • binden Metalle und können deren Aufnahme verzögern
  • können aufgrund ihrer adstringierenden Wirkung die Aufnahme von Arzneistoffen verzögern
  • inaktivieren Alkaloide

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Hinweis

  • Gerbstoffe binden Metalle, deshalb werden sie nicht in Blechdosen aufbewahrt.
  • Sie bilden sich im Laufe der Zeit zu Phlobaphenen um, deshalb max. 3 Jahre aufbewahren.

Pflanzenstoffe

Gerbstoffe 15-22 %

  • hydrolysierbare Tannine wie Agrimoniin, Ellagitannine wie z. B. Laevigatin B, Laevigatin F (= Tormentillin), Pedunculagin; Gallotannine wie Pentadigalloylglucose
  • Proanthocyanidine wie Catechine und Epicatecine darunter Procyanidine B1-B6

Terpenoide

  • Triterpensäuren: Chinova-, Eusaphin-, Olean-, Pomol-, Tormentill-, Ursolsäure bzw. ihre Derivate
  • Tormentoside (= Rosamultin)

Phenolcarbonsäuren

  • Gallus-, Kaffee-, p-Cumar, Sinapinsäurederivate

Flavonoide

  • Kämpferol

Ätherisches Öl

Spuren

Die Zusammensetzung der Pflanzenstoffe kann sich je nach Standort, Klima und Zeitpunkt der Ernte der Arzneidroge sowie dem Auszugsmittel und der Darreichungsform unterscheiden. Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • antidiarrhoisch
  • Mikrobiom stärkend
  • adstringierend
  • antiinflammatorisch
  • antioxidativ
  • antimikrobiell
  • anti-Biofilm aktiv
  • antiallergisch
  • immunregulierend
  • antiproliferativ

Geschichte und Mythologie

Quellen