Herzgespann

Wissenschaftlicher Name: Leonurus cardiaca
Pharmazeutischer Name: Leonuri herba
Synonyme: Löwenschwanzkraut
Familie: Lamiaceae (Lippenblütler)

Heimat & Botanik

Die verschiedenen Vertreter des Herzgespanns sind in Mitteleuropa und Skandinavien ebenso beheimatet wie in Russland und Zentralasien. Leider ist die Pflanze hierzulande vom Ausserben bedroht, obwohl sie auf Schutt und Lehmböden wächst und damit recht anspruchslos bezüglich des Bodens ist.

Die Pflanze kann über einen Meter hoch werden. An ihren längs gerillten, stark behaarten Stängeln wachsen kreuzgegenständig angeordnet Blätter. Diese Laubblätter bestehen aus drei bis sieben Lappen. Sie sind grob gesägt und an der Unterseite flaumig behaart. In der Regel sind die unteren Blätter größer als die oberen. Ihre Blattspitzenspitzen sind oft zur Erde nach unten gerichtet.

Von Juni bis September blühen die hellrosa Blüten, die dicht gedrängt in Scheinquirlen auf einem Tragblatt übereinander in einer Scheinähre angeordnet sind. Daher wird die Pflanze auch als Löwenschwanz bezeichnet und erhielt den Gattungsnamen “Leonurus” abgeleitet vom Lateinischen “Leonis” für Löwe und dem Griechischen “oura” für Schwanz. Die Einzelblüten bestehen aus einem Kelch mit fünf scheinbar dornigen Zähnen und den rosa-weißen Lippenblüten. Ihre helmförmige Oberlippe ist stark behaart und beugt sich weit über die dreispaltige Unterlippe.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • warm
  • trocken

Geschmack

  • bitter
  • leicht scharf

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Herz, Leber, Uterus

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

Asthma behandelndes und Husten stoppendes Kraut

  • Asthma bronchiale (traditionelle Anwendung), Atemnot

Schleim außerhalb der Lunge behandelndes Kraut

Schleim in den Leitbahnen transformierendes Kraut

  • Prostatahypertrophie, Struma

Qi bewegendes Kraut

Leber-Qi bewegendes Kraut 

  • Spannungsgefühl in der Brust, Dyspnoe, Amenorrhö, Dysmenorrhö, PMS mit Depression, klimakterische Beschwerden, Hitzewallungen, Dyspnoe, Roemheld Syndrom

Herz-Qi bewegendes Kraut 

  • Herzrhythmusstörungen, Palpitationen, Herzstolpern, Tachykardie, Extrasystolen, leichte Hypertonie, periphere Durchblutungsstörungen, Hyperthyreose, Angina pectoris

Blut bewegendes und Stase auflösendes Kraut

  • Palpitationen, Angina pectoris, Dysmenorrhö, stockende Geburt, postpartale Schmerzen und Blutungen, Kopfschmerzen während der Menstruation, Myome

Shen beruhigendes Kraut

Shen beruhigendes und harmonisierendes Kraut

  • Unruhe, Panik, Nervosität, Ängsten, Schlafstörungen im Zusammenhang mit einer Herzerkrankung oder im Kontext von gynäkologischen Beschwerden

Ausführlich werden die Syndrome unter Syndrome und Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die zur Behandlung der entsprechenden Syndrome eingesetzt werden können.

Anwendung

Infus

  • 2-4 g pro Tasse (1 TL = ca. 1 g)
  • 10 min. abgedeckt ziehen lassen
  • 3 x täglich 1 Tasse a.c.
  • Tagesdosis bis zu 10 g

Dekokt

  • 2-4 g pro Tasse (1 TL = ca. 1 g)
  • 3-5 Min. aufkochen
  • 3 x täglich 1 Tasse a.c.

Pulver

  • 3 x täglich 150 mg 

Tinktur (1:5) 70 % V/V

  • 3-4 x täglich 0,5-1 g

Tinktur (1:5) 45 % V/V

  • 3-4 x täglich 2–6 ml

Fluidextrakt (1:1)

  • 3-4 x täglich 2–4 ml 

Die Monodroge sollte nicht länger als 4 Wochen angewandt werden. Bei Yin-Leere oder Blut-Leere sollte sie mit entsprechenden Tonika kombiniert werden.

Relevante Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt.

Nebenwirkungen

  • Unverträglichkeitsreaktionen
  • Die Pflanze wirkt emmenagog.

Kontraindikationen

  • Schwangerschaften, da die Pflanzen emmenagog wirkt
  • Stillzeit, Kinder und Jugendliche wegen fehlender Erkenntnisse zur Sicherheit der Anwendung
  • bekannte Unverträglichkeit

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

  • Herzgespann kann möglicherweise ein Antagonist von Antikonvulsiva sein.
  • Die WHO weist darauf hin, dass Herzgespann
    • den hypnotischen Effekt zentral dämpfender Arzneistoffe verstärken kann
    • Wechselwirkungen mit Antihypertonika verursachen kann
  • Da Herzgespann die QT-Zeit verlängert, sollte es sicherheitshalber nicht mit entsprechend wirkenden Arzneistoffen kombiniert werden.
  • Ein erhöhtes Blutungsrisiko unter Gerinnungshemmern ist nicht ausgeschlossen.

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung von Herzgespann zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

Iridoglykoside

  • Ajugol (= Leonurid), Galiridosid, Ajugosid, Reptosid
     

Diterpene (Bitterstoffe)

  • Leosibiricin, Leocardin, Hdroxygaleopsin, Acetoxypregaleopsin u.a.
     

Flavonoide mind. 0,2 %

  • Quercetin, Kämpferol, Hyperosid, Rutosid
     

Phenolcarbonsäuren

  • Chlorogen-, Cichorien-, Ferula-, Kaffeesäuederivate wie Verbascoside
     

Gerbstoffe
 

Polysaccharide

  • Oligosaccharide wie Lavandulifolioside 
     

Alkaloide

  • Stachydrin, Leonurin
     

Sterole

  • β-Sitosterol
     

Triterpene

  • Ursolsäure

wenig ätherisches Öl

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • positiv inotrop
  • negativ chronotrop
  • antiarrhythmisch
  • antihypertensiv
  • sedierend
  • anxiolytisch
  • gerinnungshemmend
  • uterusstimulierend, menstruationsfördernd
  • spasmolytisch
  • adstringierend
  • antiinflammatorisch
  • antioxidativ
  • analgetisch
  • karminativ
  • schützt das Lungen-Epithel
  • diaphoretisch

Geschichte & Mythologie

Herzgespann wurde bereits in der Antike von Griechen und Römern medizinisch genutzt. So empfahl etwa der griechische Arzt Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) den Herzgespann sowohl bei Herzbeschwerden als auch zur Beruhigung von nervösen Frauen. Dieses Wissen war auch im Mittelalter bekannt, wo er in der Klostermedizin als Frauenkraut gegen Menstruationsbeschwerden und Beschwerden in den Wechseljahren aber auch als herzstärkendes Tonikum genutzt wurde.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde Herzgespann als beruhigendes Herzmittel bei nervösen Herzbeschwerden, Herzklopfen, Angst und Schlafstörungen eingesetzt. Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat den Herzgespann als traditionelle Arzneipflanze eingestuft.

Quellen