Heilziest

Wissenschaftlicher Name: Stachys betonica, Stachys officinalis
Pharmazeutischer Name: Betonicae herba
Synonyme: Flohblume, Fußsparkraut, Heilbatunge, Pfaffenblume, Zahnkraut, Zehrkraut
Familie: Lamiaceae (Lippenblütler)

Heimat & Botanik

Der Heilziest hat einen kräftigen Wurzelstock und bildet eine grundständige Blattrosette. Die länglichen, am Grund herzförmigen Laubblätter sind am Rand sichtbar gekerbt und am Ende abgerundet. Ihre Blattunterseite ist behaart.

Von Juni bis September ragt der Blütenstand mit zahlreichen Einzelblüten aus der Rosette empor. Die fünf Kelchblätter sind zu einer fünf Millimeter langen Röhre verwachsen. Diese umhüllt die rosa- bis rot-violetten Kronblätter, die aus eine Unter- und eine Oberlippe bilden. Die Unterlippe besteht aus zwei seitlichen Lappen und einem Mittellappen, der mittig geteilt ist. Darüber wölbt sich helmförmig die Oberlippe. 

Früher war der Heilziest hierzulande eine verbreitete Pflanze, die wenige Ansprüche an den Boden stellt. Doch mittlerweile gilt ihr Bestand gebietsweise als gefährdet. Beiheimatet ist der Heilziest in vielen Teilen Europas. Sein deutscher Name erinnert daran, dass er einst eine beliebte Heilpflanze war. Das Wort “Ziest” hat seinen Ursprung im Sorbischen. Der botanische Name “Betonica” geht auf Vettonier zurück, einem spanischen Volksstamm, die den Heilziest erstmals medizinisch genutzt haben sollen.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • warm
  • trocken 

Geschmack

  • süß
  • bitter

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Leber mit Hun, Herz mit Shen, Lunge, Muskeln und Gelenke

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

heißen Schleim zerteilendes Kraut

  • Bronchitis, Asthma

Wind und Nässe eliminierendes Kraut

Hitze, Wind und Nässe eliminierendes Kraut

  • Nephrolithiasis, Rheuma, Gicht

Hitze kühlendes Kraut

Feuer ableitendes Kraut

  • Hypertonie,  Palpitationen, Tinnitus, starke Stirnkopfschmerzen mit großem Durst

Hitze in der Leber behandelndes Kraut

Leber-Yang absenkendes Kraut

  • pochende Kopfschmerzen hinter dem Auge, im Bereich der Schläfen, im Verlauf der Leber- oder Gallenblasenleitbahn oder am Scheitel, Migräne mit rotem Zungenkörper oder Zungenrand
  • Hypertonie, Morbus Menière, Schwindel, Sehstörungen, Unruhe, Nervosität, Palpitationen, Tinnitus

Leber-Wind beruhigendes Kraut

  • plötzliche Muskelkrämpfe, Spasmen, Wadenkrämpfe, Fußkrämpfe, Neuralgien, Tics, Gesichtsschmerzen, Neuralgien, Epilepsie, Zustand nach Apoplex, Paralyse, TIA, Restless Legs, Parästhesien, Gefühlsstörungen, wandernde Muskel- und Gelenkschmerzen
  • ziehende Kopfschmerzen im ganzen Kopf, Migräne mit abweichender, zittriger Zunge und saitenförmiger Puls

Qi bewegende Kräuter

Leber-Qi bewegende Kräuter 

  • Schmerzen unter dem Rippenbogen, in den Flanken, Obstipation, Amenorrhö, Oligomenorrhö, Dysmenorrhö, stockende Geburt
  • konstante Kopfschmerzen im Bereich der Stirn oder der Schläfen mit gespanntem Puls

Blut bewegendes und Stase auflösendes Kraut

  • PAVK, Claudicatio intermittens, Ulcus cruris, Dysmenorrhö, fixierte Kopfschmerzen im Bereich des Scheitels

Adstringierendes Kraut

Blut haltendes Kraut

  • Blutungsneigung

Shen beruhigendes Kraut

Shen beruhigendes und harmonisierendes Kraut

  • von Stress geplagte Menschen, deren Nerven blank liegen
  • unruhiger Schlaf, Schlafwandeln, schlechte Träume, Hysterie, Erregtheit

Ausführlich werden die Syndrome unter Syndrome und Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die zur Behandlung der entsprechenden Syndrome eingesetzt werden können.

Anwendung

Infus

  • 1 TL pro Tasse
  • 15 min. ziehen abgedeckt lassen
  • 3 x tägl. 1 Tasse

Tinktur

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Relevante Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt.

Nebenwirkungen

  • allergische Reaktionen

Bei Überdosierung

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Halluzinationen

Kontraindikationen

  • Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder und Jugendliche aufgrund fehlender Erkenntnisse zur Unbedenklichkeit
  • bekannte Unverträglichkeit

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung von Heilziest zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • antioxidativ
  • antiinflammatorisch
  • antimikrobiell
  • zytoprotektiv
  • kardioprotektiv

Pflanzenstoffe

Gerbstoffe 10-15 %

Bitterstoffe

  • Betaine: Betonicin, Stachydrin, Tricin

Flavonoide, Flavonole, Flavonone 

  • je nach Unterart z. B. Apigenin-, Luteolin-, Tricin-Derivate, Kämpferol, Isorhamnetin, Quercetin Hersperidin, Narnidin, Eriodictyol, Stachysetin 

Phenole u. a. Phenolcarbonsäuren

  • Chlorogen-, Kaffee-, Vanilin-, Syringin-, Ferula-, Rosmarinsäure, Arbutin

Lignane

Iridoide

  • z. B. Harpagide und ihre Derivate

Diterpene

  • Stachylone, Betolide

Sterole

  • β-Sitosterole, Stigmasterol

Alkaloide

  • Stachydrin, Betonicum, Turicin

Amine 

  • Cholin

ätherisches Öl

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Geschichte & Mythologie

Ein spanischer Volksstamm, die Vettonier, sollen die Pflanze erstmals zu medizinischen Zwecken benutzt haben. Hieran erinnern der Name Betonie bzw. der Zusatz „betonica“ im wissenschaftlichen Namen.

Quellen

> Blaschek W (Hrsg.). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Stuttgart 2016
> Schilcher H. Leitfaden Phytotherapie. München 2016
> Ritter S. Arzneimittel-Interaktionen in der Phytotherapie. Bad Kötzting 2019
> Bäumler S., Heilpflanzenpraxis heute. München 2007
> Tomou EM, Barda C, Skaltsa H. Genus Stachys: A Review of Traditional Uses, Phytochemistry and Bioactivity. Medicines (Basel) 2020 Oct; 7(10): 63.
> Benedec D, Oniga I, Hanganu D. et al. Stachys Species: Comparative Evaluation of Phenolic Profile and Antimicrobial and Antioxidant Potential.  Antibiotics (Basel). 2023 Nov 20;12(11):1644.