Anis

Wissenschaftlicher Name: Pimpinella anisum
Pharmazeutischer Name: Anisi fructus
Familie: Apiaceae (Doldenblütler)

Heimat & Botanik

Anis ist eine zarte einjährige Pflanze, die bis zu fünfzig Zentimeter hoch wird. Der feingliedrige, gerillte Stängel verzweigt sich im oberen Bereich. Die zarten Blätter sind im unteren Abschnitt rund bis nierenförmig und gesägt, in den oberen Abschnitten sind sie fiederschnittig.

Anis blüht im Juli und August mit mehrstrahligen Doppeldolden, die zahlreiche kleine weiße Einzelblüten haben. Ab Juli reifen die graubraunen, nur drei bis fünf Millimeter langen Früchte. Sie verfügen über kantig hervortretende, helle Rippen und teilen sich nicht in zwei Teilfrüchte.

Der Name “Anis” erlebte eine Transformation aus dem Griechischen über das Lateinische ins Deutsche. Im Griechischen hieß er einst "ānison" oder "anēthon". Als appetitanregende Pflanze wurde Anis auch "aniketon" genannt: der Unbesiegbare. Vielleicht geht der Name auch auf "anemos" für Duft zurück. Im Lateinischen wurde daraus "anisum", im Mittelhochdeutsch "anīs" und schließlich Anis. Im arabischen Sprachraum hieß er anīsūn. Die Bezeichnung "pimpinella" stammt vermutlich aus dem Romanischen und wurde auch für andere Pflanzen wie die Bibernelle verwendet.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • warm
  • trocken

Geschmack

  • süß
  • aromatisch
  • leicht scharf

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Milz, Magen, Lunge, Leber

Oberfläche öffnendes Kraut

Wind-Kälte eliminierende Kraut - schwebend

  • Erkältungen mit Halsschmerzen, Tonsilitis, Laryngitis, Pharyngitis, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Schnupfen, Rhinitis

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

kalten Schleim transformierendes und ausleitendes Kraut

  • Kopfschmerzen, Husten, Schnupfen, Rhinitis, Bronchitis, Kurzatmigkeit

Qi bewegendes Kraut

Aromatisches, Mitte regulierendes Kraut

  • Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Schluckauf, Mundgeruch, Spannung im Abdomen mit Blähungen, Meteorismus, Flatulenz

Tonikum

Qi-Tonikum

  • Milz-Qi-Tonikum
    Müdigkeit, Erschöpfung,  Rekonvaleszenz, Appetitlosigkeit, Blähungen, Meteorismus, Flatulenz, Völlegefühl, ungeformter Stuhl, weicher Stuhl, breiger Stuhl, Diarrhö, dumpfe Kopfschmerzen
  • Lungen-Qi-Tonikum
    Müdigkeit, Erschöpfung,  Rekonvaleszenz, Heiserkeit von Rednern und Sängern, Atemnot, Kurzatmigkeit, Husten

Parasiten austreibendes Kraut

 

Ausführlich werden die Syndrome unter Syndrome und Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die zur Behandlung der entsprechenden Syndrome eingesetzt werden können.

Anwendung

Infus

1- 1½  TL (1 TL = ca 3,5 g) pro Tasse, 10-15 Min. abgedeckt ziehen lassen, bis zu 5 x tgl. a. c. 

Urtinktur 

3x tgl. 20 Tr. in einem Glas Wasser

Frischpflanzentinktur 

  • 3 x tgl. 3-7 Tropfen je nach Herstellerangaben

ätherisches Öl  

  • äußerlich verdünnt (5-10 % z. B. in Oliven- oder Mandelöl) bis zu 3x täglich einmassieren oder als Wickel - vorher Allergietest
  • vor Licht geschützt lagern, da sich trans-Anethol sonst in estrogen wirksames Photoanethol umwandeln kann

Relevante Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt.

Nebenwirkungen

  • allergische Reaktionen
  • bei Überdosierung
    • epileptische Konvulsionen 

Kontraindikationen

  • bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Doldenblütlern oder Anis
  • Schwangerschaft, Stillzeit und Kinder unter 12 Jahren mangels Erkenntnisse zur Sicherheit
  • ätherisches Öl
    • Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren wegen des Gehalts an Estragol

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

  • Es besteht unter Umständen eine erhöhte Phototoxizität von entsprechend wirksamen Arzneistoffen, daher auf effektiven Sonnenschutz achten
  • Das ätherische Öl hemmt im Labor den Abbau von Paracetamol, daher vorsichtshalber nicht gemeinsam anwenden.
  • Anis kann die Wirkung von Estrogenen und Gestagenen abschwächen, daher keine gemeinsame mit hormonellen Kontrazeptiva oder Hormonersatztherapie.
  • Keine Kombination von Anis mit Sedativa, da die Motorik unter Umständen beeinträchtigt werden kann.

Rezept

Anis-Fenchelöl herstellen

Je 5 g Samen von Anis und Fenchel im Mörser anstoßen und 4 Wochen in 100 ml Oliven- oder Mandelöl verschlossen ziehen lassen, abseihen durch ein Tuch und in einem dunklen Glas an einem kühlen Ort lagern. Das Öl ist ein Jahr haltbar. Es eignet sich für Einreibungen des Bauchs und für Wickel und Auflagen.

Pflanzenstoffe

Ätherisches Öl 2-6 %

  • Phenylpropan-Derivate: trans-Anethol, Estragol, cis-Anethol, Anisaldehyd
  • Sesquiterpene: u. a. α-, β-, γ-Himachalen, β-Caryophyllen,  α-Curcumen
  • Monoterpene: u.a. α-, β-Pinen, 1,8-Cineol, Campher, Borneol, Phellandren, Limonen, Terpinolen, α-, γ-Terpineol

Phenolcarbonsäuren

  • Chlorogensäure, Ferula-, p-Coumar-, Rosmarin-, Salicyl-, Syringia-, Vanillinsäure, 4-Hydroxy-Benzoesäure

Flavonoide

  • Flavonole & Flavonolglykoside wie Apigenin, Chrysin, Epigenin, Galangin, Kaempferol, Myrectin, Naringenin, Quercetin

Triterpene

  • u. a. Betulin-, Ursol-, Oleanolsäure

Cumarine, Furanocumarine

  • u. a. Isopimpinellin, Methoxsalen, Pimpinellin, Umbelliprenin

Sterole 

  • u a. α-Spinasterol, Campesterol, Stigmasta-5,7,22-trien-3-ol

Fettes Öl 30 %

  • Petroselinsäure

Proteine 20 %

Polysaccharide

  • Zucker ca. 4 %

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • karminativ
  • spasmolytisch
  • estrogen
  • laktagog
  • emmenagog
  • expektorierend
  • antibakteriell
  • antiviral
  • antimikrobiell
  • lipidsenkend
  • antidiabetisch
  • antiinflammatorisch
  • antioxidativ
  • antitumoral
  • antihypertensiv
  • antidepressiv
  • wundheilungsfördernd

Geschichte & Mythologie

Der Anis wurde schon im Papyrus Ebers beschrieben, der ca 1550 v. Chr. geschrieben wurde. Er war Bestandteil des Arzneimittels "Theriak", über das Plinius schrieb, dass es nicht nur gegen alle Krankheiten, sondern auch gegen Vergiftungen wirksam sei. Der römische Militärarzt Dioskurides stufte Anis in seiner Materia medica als "besonders gute Arznei" ein. Anis war immer sehr beliebt. Berühmt sind Anisschnäpse wie Ouzo, Pastis, Pernod oder Raki.

Quellen

> Wu J, Cao Z, Hassan SSU, et al. Emerging Biopharmaceuticals from Pimpinella Genus. Molecules. 2023 Feb 6;28(4):1571.
> Blaschek W (Hrsg.). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Stuttgart 2016
> Schilcher H. Leitfaden Phytotherapie. München 2016
> Ritter S. Arzneimittel-Interaktionen in der Phytotherapie. Bad Kötzting 2019
> Monographie der europäischen Arzneimittelbhörde (EMA)