Thymian

Wissenschaftlicher Name: Thymus vulgaris
Pharmazeutischer Name: Thymi herba
Synonyme: Kuttelkraut, römischer Quendel
Familie: Lamiaceae (Lippenblütler)

Heimat & Botanik

Thymian ist ein im Mittelmeerraum, aber auch in Afrika und Asien beheimateter, flach wachsender Strauch, der rasenähnliche Flächen bildet und stark verholzt. An den vierkantigen Stängeln sitzen kleine, aromatisch duftende Laubblätter. Grund für dieses Aroma sind die an der Oberfläche der Blätter befindlichen Öldrüsen mit ihrem ätherischen Öl. 

Im Sommer bilden sich ährenähnliche Blütenstände mit den zarten Blüten. Behaarte, grüne Kelchblätter bilden eine Röhre, aus der die miteinander verwachsenen, weißen, rosefarbenen oder violetten Kronblätter heraus ragen. Die Kelchblätter haben eine Oberlippe mit ein bis drei dreieckigen Zähnen und eine Unterlippe mit zwei lange dreieckigen Zähne. Ebenso gliedern sich die Kronblätter in eine rundliche Oberippe und eine Unterlippe begleitet  von zwei seitlichen Lappen links und rechts.

Der deutsche Name Thymian und der botanische Name "Thymus" können von den griechischen Wörtern "thyein" für "opfern", "thymiama" für Räucherwerk oder "thymos" für Kraft und Mut hergeleitet werden. Der Zusatz "vulgaris" bedeutet gewöhnlich. 

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • warm     
  • trocken

Geschmack

  • aromatisch-scharf
  • bitter
  • adstringierend

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Milz, Magen, Lunge, Herz

Oberfläche öffnendes Kraut

Wind-Kälte eliminierendes Kraut - schwebend

  • beginnender Infekt mit Rhinitis, Schnupfen, Niesen, Husten, Halsschmerzen, Laryngitis, Pharyngitis, Tonsilitis, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Gliederschmerzen, Schüttelfrost

Das Innere erwärmendes Kraut

Qi bewegendes und das Innere wärmendes Kraut

  • Infektanfälligkeit, Amenorrhö, Dysmenorrhö, Hypothyreose, Nahrungsstagnation, Migräne mit innerer Kälte, Koliken, breiige Stühle

Aromatisches, Nässe aus der Mitte eliminierendes Kraut

  • breiige Stühle, Diarrhö, Blähungen, weißer Fluor vaginalis, Ödeme, Antriebslosigkeit

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

kalten Schleim transformierendes und ausleitendes Kraut

  • Schnupfen, Rhinitis und Bronchitis mit viel klarem Schleim, dumpfe Kopfschmerzen mit einem benebelten Gefühl

Asthma behandelndes und Husten stoppendes Kraut

  • Atemnot, nervöser Husten, spastische Bronchitis, Pertussis, Krampfhusten

Qi bewegendes Kraut

Mitte regulierendes Kraut

  • Aromatisches, Mitte regulierendes Kraut
    Appetitlosigkeit, Nahrungsstagnation, breiige Stühle, Diarrhö, Blähungen, Koliken, Dyspepsie, Kopfschmerzen im Bereich der Stirn im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme

Shen aktivierendes Kraut

  • Müdigkeit, Traurigkeit, Ängste, Mutlosigkeit, Antriebslosigkeit, Lethargie, mentale Erschöpfung

Ausführlich werden die Kategorien unter Kategorien & Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die wir der jeweiligen Kategorie zugeordnet haben.

Anwendung

Infus 

  • bis zu 3x tägl. 1 TL (1 TL = ca. 1,4 g) pro Tasse, ca. 10 Minuten abgedeckt ziehen lassen

Tinktur

  • Urtinktur 3-mal täglich 5–10 Tropfen
  • Frischpflanzentinktur 3-mal täglich 3-7 Tropfen je nach Hersteller

Presssaft

  • Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren
    3-4 x täglich 10 ml mit etwas Wasser oder unverdünnt
  • Kinder von 4-12 Jahren
    3-4 x täglich 5 ml mit etwas Wasser oder unverdünnt
  • Kinder 1-4 Jahre
    3 x täglich 5 ml mit etwas Wasser oder unverdünnt

Badezusatz

  • 1 g Thymian pro Liter Wasser bei Blasenschwäche und rezidivierenden Blasenentzündungen 

Brustwickel

  • 5–10 % äther. Öl in Oliven- oder Mandelöl, wenn Wärme angenehm ist

Wir setzten Heilpflanzen in der Regel nicht als Einzeldroge, sondern gemeinsam mit anderen Heilpflanzen ein; wie wir sie kombinieren, ist im Abschnitt “Rezepturenlehre” erläutert. Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt. 

Nebenwirkungen

  • Überempfindlichkeitsreaktionen mit Hautausschlag, Quaddeln, Schwellungen und Atemnot

Vorsicht

Bisher fehlen Erkenntnisse und Daten zur Sicherheit der Anwendung von Tee und Tinktur in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern unter 4 Jahren. Dies gilt auch für das ätherische Öl bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren.

Kontraindikationen

  • Tee und Tinkturen
    • Obstruktion der Gallenwege
    • Fülle und Leere Hitze
    • heißer gelber Schleim
  • Thymianöl
    • Säuglinge und Kleinkinder unter 2 Jahren wegen der Gefahr eines Glottiskrampfs oder Larnygospasmus mit Atemnot und Gefahr des Atemstillstands
    • Anwendung auf Wunden bzw. verletzter Haut, Augen oder direkt auf der Schleimhaut
  • Thymianbäder
    • bei Fieber, großflächigen Hautverletzungen bzw. Wunden, Kreislaufschwäche, Herzinsuffizienz
    • Obstruktion der Gallenwege
    • Fülle und Leere Hitze

 

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Es besteht ein theoretisches Risiko, dass das Blutungsrisiko bei gemeinsamer Anwendung mit Gerinnungshemmern erhöht ist. Im Falle einer geplanten Anwendung zusammen mit Medikamenten sollten Nutzen und Risiken ggf. mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin abgewogen werden.

Quelle:
Sabine Ritter: Arzneimittel-Interaktionen in der Phytotherapie. Bad Kötzting 2019

Pflanzenstoffe

Ätherische Öle

  • Monoterpene: Thymol, Carvacol, γ-Terpinen, p-Cymen, Linalool, Borneol, Campher, Limonen, Myrcen
  • Sesquiterpene: β-Caryophyllen

Phenolcarbonsäuren

  • Rosmarin-, Caffeoylrosmarin-, Kaffeee-, Gentisin-, Syringa-, p-Cumarsäure

Bitterstoffe

  • Triterpene

Flavonoide

  • u. a. Apigenin, Luteolin, Quercetin

Phenolcarbonsäuren

  • Kaffeesäure, Rosmarinsäure und ihre Derivate

Vitamine

  • Vitamin A, B6 und C

Mineralstoffe und Spurenelemente

  • Calcium, Eisen, Kalium, Magnesium, Mangan, Selen

 

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • antibakteriell
  • antiviral
  • antiseptisch
  • antioxidativ
  • expektorierend
  • antimykotisch
  • anthelmintisch
  • spasmolytisch
  • diuretisch
  • cholagog
  • choleretisch
  • karminativ
  • kardioprotektiv
  • neuroprotektiv

Geschichte & Mythologie

Thymian wurde schon in der Antike vielfältig genutzt. Die Ägypter verwendeten Thymian zur Herstellung ihrer Balsame zur Mumifizierung der Toten. Die Griechen räucherten mit Thymian, wenn sie ihren Geist anregen wollten. Darüber hinaus hatte das Räuchern mit Thymian im Kult um die Fruchtbarkeitsgöttin Demeter, die auch die Bienen schützte, eine wichtige Funktion. Das Räuchern sollte in diesem Fall die Fruchtbarkeit der Böden und der Frauen sicherstelllen. 

Man brachte den Thymian mit mütterlich Eigenschaften ebenso in Verbindung, wie mit Tapferkeit und Stärke (= thymos). Weil Bienen rastlos um die Blüten des Thymians herum fliegen, wenn sie ihren Nektar sammeln, hoffte man, dass man diese Kraft der Bienen auf den Menschen übertragen kann.

Quellen

> Nadi A, Shiravi AA, Mohammadi Z, Aslani A, Zeinalian M. Thymus vulgaris, a natural pharmacy against COVID-19: A molecular review. J Herb Med. 2023 Mar;38:100635.
> Galovičová L, Borotová P, Valková V et al. Thymus vulgaris Essential Oil and Its Biological Activity. Plants (Basel). 2021 Sep 19;10(9):1959.
> HPMC-Monographie der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA)
> Bone K, Mills S. Principles and Practice of Phytotherapy. London 2017.
> Blaschek W (Hrsg.). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Stuttgart 2016
> Schilcher H. Leitfaden Phytotherapie. München 2016
> Ritter S. Arzneimittel-Interaktionen in der Phytotherapie. Bad Kötzting 2019