Süßholz

Wissenschaftlicher Name: Glycyrrhiza glabra
Pharmazeutischer Name: Glyzyrrhizae radix, Liquiritiae radix
Synonyme: Bärendreck, Bärenzucker, Lakritze
Familie: Fabaceae (Schmetterlingsblütler)

Heimat & Botanik

Der aus Süd- und Südostasien stammende Süßholz gedeiht in subtropischen Gebieten, wo es feucht und warm ist. Er hat eine dicke Pfahlwurzel mit zahlreichen, kräftigen Nebenwurzeln. Die Staude wird über einen Meter hoch und hat unpaarig gefiederte, ei- bis ellipsenförmige Laubblätter, die an der Blattunterseite behaart sind. Aus den Blattachseln sprießen von Juni bis September traubenartig zusammenstehend die weißen bis blass lilafarbenen Schmetterlingsblüten. Im Herbst bilden sich kleine Hülsenfrüchte mit nierenförmigen Samen.

Süßholz wurde nach der süß schmecken Wurzel benannt. Und auch der botanische Name Glycyrrhiza bezieht sich auf den süßen Geschmack. Er leitet sich vom Griechischen "glykys" für süß und "rhiza" für Wurzel ab.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • neutral
  • befeuchtend

Gechmack

  • süß

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der TCM

Tropismus: Milz, Magen, Herz, Lunge

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

Heißen Schleim zerteilendes Kraut

  • schwer abzuhustender Schleim, Husten, Bronchitis

Kalten Schleim transformierendes und ausleitendes Kraut

  • Erkältungen, Rhinitis, Husten, Bronchitis

Asthma behandelndes und Husten stoppendes Kraut

  • Asthma, Keuchatmung, chronischer Husten, Allergien

Hitze kühlendes Kraut

Toxische Hitze ausleitendes Kraut

  • virale und bakterielle Infektionen, Furunkel, Karbunkel, Abszesse, eitrige Mandelentzündung, Tonsilits, Laryngitis, Pharyngitis, Stomatitis, Aphthen

Tonikum

Qi-Tonikum

  • Milz-Qi-Tonikum
    Müdigkeit, Erschöpfung, Überarbeitung, Stressintoleranz, Rekonvaleszenz, Appetitlosigkeit, Anorexie, Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Flatulenz, weiche Stühle, Morbus Crohn, Colitis ulzerosa, Ulcus ventriculi et duodeni
  • Herz-Qi-Tonikum
    Müdigkeit, Erschöpfung, Palpitationen, Herzrhythmusstörungen

Yin-Tonikum

  • Lungen-Yin-Tonikum
    trockener Husten, Reizhusten, Heiserkeit, Durst, trockene Haut, Heuschnupfen, Abneigung zu sprechen, Atemnot, Spontanschweiß

Shen beruhigende Kraut

Shen beruhigendes und harmonisierendes Kraut

  • beruhigt Hun und Po, Vergesslichkeit, Unruhe, Beklemmungsgefühle, Erschöpfung, emotionale Labilität mit Palpitationen, Schlafstörungen

Schmerzstillendes und krampflinderndes Kraut

  • Gastrointestinaltrakt
    Schmerzen im Epigastrium, Magenschmerzen, Magenkrämpfe, Sodbrennen, Gastritis, Schmerzen im Abdomen, Bauchschmerzen, Darmkrämpfe, Koliken, Morbus Crohn, Colitis ulzerosa, Ulcus ventriculi et duodeni, Stomatitis, Aphthen
  • Bewegungsapparat
    Krämpfe der quergestreiften Muskulatur, Wadenkrämpfe, Sehnenschmerzen, Tendiniis, Verspannungen, Myogelosen

Haut behandelndes Kraut

  • Dermatitis, Urtikaria, Hautausschläge, Abszesse, Furunkel, Karbunkel, trockene Haut, Autoimmunerkrankungen

Ausführlich werden die Syndrome unter Syndrome und Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die zur Behandlung der entsprechenden Syndrome eingesetzt werden können.

Anwendung

Infus

  • 1,5 - 2 g (1 TL = ca. 3g) pro Tasse
  • 20 min. ziehen lassen
  • 3 x täglich 1 Tasse
  • Tageshöchstdosis 15 g / 600 mg Glycyrrhizin, ab 5 g täglich maximale Anwendung 4-6 Wochen

Relevante Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt.

Nebenwirkungen

  • Blutdruckanstieg
  • Ödeme
  • Hypokaliamie
  • Hypernatriamie
  • In hoher Dosis ist theoretisch ein M. Cushing möglich,
  • sekundärer Hyperaldosteronismus
     

Kontraindikationen

  • Schwere Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenerkrankungen wie chronische Leberzirrhose, Niereninsuffizienz, Cholestase, Gallenstau
  • Hypokaliamie
  • Blutendes Ulcus ventriculi
  • arterielle Hypertonie
  • Feuchtigkeit
  • Adipositas
  • Ödeme
  • Schwangerschaft
  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wegen mangelnder Erkenntnisse

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

  • Kaliumverluste durch Laxantien, Glucocorticoide und anderen Arzneistoffe können verstärkt werden
  • Wechselwirkungen mit Antihypertensiva und Diuretika sind möglich
  • kann die Toxizität von Monaminoxidasehemmern erhöhen
  • kann die Wirkung von Antidiabetika hemmen
  • regt die Rückresorption von Wasser an und kann so bei Koadministration mit oralen Kontrazeptiva das Risiko fur eine Hypertonie erhöhen
  • kann die Eliminationshalbwertzeit von Glucocorticoiden verlängern
  • hemmt verschiedene Isoenzyme von CYP sowie Transporter → Interaktionen mit Substraten
  • verlängert die QT-Zeit → Interaktionen mit Arzneistoffen die ebenfalls die QT-Zeit verlängern

Vor einer gemeinsamen Anwendung von Süßholz mit Medikamenten sollten Nutzen und Risiken zusammen mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

Triterpensaponine

  • Glycyrrhizin, Hydroxyglyzyrrhizin, Glyzyrrrhetin- und Hydroxyglyzyrrhetinsäure

Flavonoide

  • Chalkone
    u. a. Isoliquiritigenin, Isoliquiritin
  • Flavanone
    u. a. Liquirtin, Liquiritigenin, Shinflavanon, Glisoflavon

Cumarine

  • u. a. Umbelliferon, Herniarin, Lycopuranocumarin, Licoarylcumarin

Ätherisches Öl

  • u. a. Anethol, Estragol, Geraniol

Polysaccharide

  • Glycyrrhizan, Stärke, Pektine

Proteine

  • Aminosäuren

Phytosterine

Mineralstoffe & Spurenelemente

  • Calcium, Phosphate, Kalium, Natrium, Eisen, Magnesium, Selen, Silicum, Mangan, Zink. Kupfer

Vitamine

  • Vitamine B1, B2, B3, B5, E, C

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • mineralokortikoid
  • glucocorticoid
  • antiinflammatorisch
  • antioxidativ
  • antibakteriell, antiviral, fungizid, anthelmintisch
  • antiallergisch
  • sekretolytisch
  • expektorierend
  • schleimhautprotektiv
  • spasmolytisch
  • neuroprotektiv
  • sedierend, antidepressiv
  • hepato-, kardioprotektiv
  • estrogen
  • zytotoxisch, antitumoral

Geschichte & Mythologie

Süßholz ist eine seit Jahrhunderten in der traditionellen chinesischen Medizin etablierte Heilpflanze. In klassischen chinesischen Reezpturen kommt die Wurzel nicht nur unverarbeitet, sondern auch geröstet zum Einsatz.

In der Antike wurde Süßholz beispielsweise im alten Ägyptern und von den Römern genutzt. Hierzulande ist Süßholz seit dem Mittelalter bekannt - auch in Form von Lakritz.

Quellen

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> El-Saber Batiha G, Magdy Beshbishy A, El-Mleeh A et al. Traditional Uses, Bioactive Chemical Constituents, and Pharmacological and Toxicological Activities of Glycyrrhiza glabra L. (Fabaceae). Biomolecules. 2020 Feb 25;10(3):352.
> Pastorino G, Cornara L, Soares S et al. Liquorice (Glycyrrhiza glabra): A phytochemical and pharmacological review. Phytother Res. 2018 Dec;32(12):2323-2339. 
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> Bone K, Mills S. Principles and Practice of Phytotherapy. London 2017.
> Blaschek W (Hrsg.). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Stuttgart 2016 
> Schilcher H. Leitfaden Phytotherapie. München 2016
> Chen, John K, Chen, Tina T, Chinesische Pharmakologie, Bad Kötzting, 2014
> Kalg, Andreas, Chinesische Arzneipflanzen. Wesensmerkmale und klinische Anwendung. München 2009
> Körfers A, Sun Y. Traditionelle chinesische Medizin. Arzneidrogen und Therapie. Stuttgart 2009
> Ritter S. Arzneimittel-Interaktionen in der Phytotherapie. Bad Kötzting 2019