Schöllkraut

Wissenschaftlicher Name: Chelidonium majus
Pharmazeutischer Name: Chelidoni herba
Synonyme: Augenkraut, Blutkraut, Goldwurzel, Herrgottsblatt, Lichtkraut, Maikraut, Nagelkraut, Schellewurz, Schielkraut, Schindkrud, Schinnkraut, Warzenkraut
Familie: Papaveraceae (Mohngewächs)

Heimat & Botanik

Das sommergrüne Schöllkraut gehört zu den Hemikryptophyten. Die Erneuerungsknospen dieser Pflanzen liegen auf der Oberfläche der Erde von Schnee und Laub oder seltener von Erde vor der Witterung geschützt. Das Schöllkraut war ursprünglich von der Subarktis bis nach Südeuropa beheimatet, gelangte mit Siedlern aber auch nach Amerika. Es gedeiht auf Schuttplätzen ebenso wie am Straßenrand, zwischen Heckenpflanzen, in Mauerritzen oder auf Äckern.

Das mehrjährige Kraut wird bis zu 60 Zentimeter hoch und hat ein verzweigtes Rhizom. In seinen  behaarten Stängeln und den Blättern befindet sich ein orange-gelber, giftiger Milchsaft. Die Laubblätter befinden sich wechselständig an den verzweigten Stängeln. Die Blattstiele und die Blattunterseite sind wie die Stängel behaart. Bei den Laubblättern handelt es sich um unpaarig gefiederte Blätter, deren Oberseite hellgrün ist, während die Unterseite eher blaugrün ist. Auf dieser Unterseite befindet sich eine dünne, wasserabweisende Wachsschicht. Die bis zu neun rundlichen Blattfiedern sind buchtig eingekerbt oder gezähnt, zum Teil auch gelappt.

Das Schöllkraut blüht von Mai bis Oktober. In Südeuropa  brachte man den Beginn der Blüte mit dem Eintreffen der Schwalben in Verbindung. Die Blüten haben vier leuchtend gelb Kronblätter und zahlreiche Staubblätter. Wenn es kühl ist und regnet, sind die Blüten geschlossen, die Blütenstiele hängen herab.

Aus dem Fruchtknoten, der aus zwei Fruchtblättern entsteht, bilden sich etwa fünf Zentimeter lange Schoten mit zahlreichen eiförmigen, schwarzen Samen. Diese Samen verfügen über ein süßes, klebriges Anhängsel, das sogenannte Elaiosom. Es lockt Ameisen an, die die Samen verbreiten.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • warm
  • trocken

Geschmack

  • etwas scharf
  • bitter

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Leber, Gallenblase, Herz, Lunge

Wind und Nässe eliminierendes Kraut

Kälte, Wind und Nässe eliminierendes Kaut

  • Verspannungen, Myalgien, Schulterschmerzen, Trigeminusneuralgie, Muskelrheumatismus, Hodenschmerzen, Prostatahypertrophie, Schmerzen im Unterbauch, Kältegefühl

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

Asthma behandelndes und Husten stoppendes Kraut

  • Asthma, Husten, spastische Bronchitis, Krampfhusten, Holz greift Metall an

Hitze kühlendes Kraut

Nässe trocknendes Kraut

  • Cholezystitis, Ikterus, Hepatitis, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, bitterer Geschmack im Mund, Katarakt, grauer Star, Linsentrübung

Qi bewegendes Kraut

Leber-Qi bewegendes Kraut

  • Schmerzen im Hypochondrium, Oberbauchschmerzen, Obstipation, Blähungen, Verdauungsstörungen, Krämpfe, Gallenkoliken, Depression, Verspannungen, Myalgien, PMS, Dysmenorrhö, Nachtblindheit, Mouches volantes, Sehschwäche, gelbe Skleren, Katarakt, tränende Augen, trockene Augen, Palpitationen, Atemnot, Engegefühl in der Brust
  • Kopfschmerzen, Migräne an den Schläfen oder der Stirn, auch hinter den Augen mit gespanntem Puls

Äußerlich anwendbares Kraut

  • Warzen, Hühneraugen

Ausführlich werden die Syndrome unter Syndrome und Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die zur Behandlung der entsprechenden Syndrome eingesetzt werden können.

Anwendung

Infus

  • Die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker und die Europäische Arzneimittelkommission (EMA) warnen vor Schöllkrauttee! Alkoholische Auszügen oder Trockenextrakt sollten gegenüber der Teedroge bevorzugt werden.
  • Tagesdosis: 0,4 g Schöllkraut
    Die Tageshöchstmenge des Gesamtalkaloidgehaltes, berechnet als Chelidonin, beträgt maximal 2,5 mg  
  • Der Anteil von Schöllkraut an einer Teemischung sollte < 5 % liegen.

Fluidextrakt

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Tinktur

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Homöopathische und spagyrische Präparate

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Milchsaft der frischen Pflanze

  • 2-3 x täglich auf Warzen auftupfen (Vorsicht nicht in die Augen bringen!)

Relevante Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt.

Sicherheitshinweis

Nach 4 Wochen Anwendung von Schöllkraut sollte eine Kontrolle der Transaminasen erfolgen! 

Nebenwirkungen

Vor allem bei Überdosierung

  • Magenschmerzen
  • Koliken
  • Hämaturie
  • Schwindel
  • Benommenheit
  • Leberschäden

Der Milchsaft kann bei längerfristiger Anwendung kanzerogen wirken.

Kontraindikationen

  • Schwangerschaft, Stillzeit und Kinder unter 12 Jahren wegen fehlender Erkenntnisse zur Sicherheit der Anwendung
  • Erkrankungen der Leber und Gallenblase
    Bei Gallensteinleiden bzw. einem Verschluss der Gallengänge ist eine ärztliche Kontrolle der Anwendung erforderlich.
  • Einnahme leberschädigender Medikamente

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

Alkaloide

mind. 94 verschiedene Substanzen darunter

  • Benzylisoquinolin-Alkaloide
    • Benzophenanthridine darunter Chelidonin, Chelerythrin-, Isochelidonin-, Sanguinarinderivate
    • Protoberberine darunter Berberin, Coptisin u. v. m.
    • Protopin-Alkaloide darunter Protopin, Cryptopin u. v. m.
  • Isoquinolin-Alakoide
    • Aporphine darunter Corydine, Magnocurarine, Magnoflorine u. a.

Pflanzensäuren

  • Apfel-, Chelidon-, Citronen-, Kaffeesäurederivate

Flavonoide

Carotinoide

ätherisches Öl

Saponine

Vitamin C

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • spasmolytisch
  • cholagog
  • choleretisch
  • antimikrobiell
  • antiinflammatorisch
  • analgetisch
  • wundheilungsfördernd

Geschichte & Mythologie

Schöllkraut wurde schon von Plinius und Dioskurides erwähnt. Sie dachten, dass Schwalben Augenerkrankungen der Jungvögel mit dem Saft des Schöllkrauts behandeln. In der chinesischen Medizin wurde es zur Verbesserung der Durchblutung der Augen verwendet.

Quellen

> Blaschek W (Hrsg.). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Stuttgart 2016
> Schilcher H. Leitfaden Phytotherapie. München 2016
> Ritter S. Arzneimittel-Interaktionen in der Phytotherapie. Bad Kötzting 2019
> Bäumler S., Heilpflanzenpraxis heute. München 2007
> Borges A, Calvo MLM, Vaz JA, Calhelha RC. Enhancing Wound Healing: A Comprehensive Review of Sericin and Chelidonium majus L. as Potential Dressings. Materials (Basel). 2024 Aug 24;17(17):4199. 
> Li XL, Sun YP, Wang M et al. Alkaloids in Chelidonium majus L: a review of its phytochemistry, pharmacology and toxicology. Front Pharmacol. 2024 Aug 22;15:1440979.