Rizinus

Wissenschaftlicher Name: Ricinus communis
Pharmazeutischer Name: Ricini oleum
Synonyme: Christuspalme, Hundsbaum, Läusebaum, Wunderbaum
Familie: Euphorbiaceae (Wolfsmilchgewächse)

Heimat & Botanik

Der gewöhnliche Rizinus ist hierzulande ein einjähriges Kraut, in seiner afrikanischen, tropischen Heimat ist er mehrjährig. Unter optimalen Bedingungen wächst Rizinus in drei bis vier Monaten unter Umständen sechs Meter in die Höhe, was der Pflanze den Namen Wunderbaum einbrachte. Rizinus kann in den Subtropen und Tropen eine Gesamthöhe von zwölf Metern erreichen. Wächst er nicht in den Tropen, sterben seine oberirdischen Teile während der Wintermonate ab, um im Frühjahr wieder auszutreiben. Nördlich der Alpen ähnelt Rizinus eher einem Busch und wird nur zwei Meter hoch.

Die Pflanze hat einen rot überlaufenen Stängel, der Wasser führt. An ihm wachsen die dreißig bis siebzig Zentimeter großen, dunkelgrünen oder rötlich bis purpurfarbenen Laubblätter. Sie haben einen langen, oft rötlichen Blattstiel und eine handförmig gespaltene, fünf- bis elflappige Blattspreite, deren Lappen spitz zulaufen und am Rand gesägt ist. Die Nebenblätter umfassen den Stängel, fallen aber oft ab.

Die Pflanze blüht von August bis Oktober an bis zu fünfzig Zentimeter langen, endständigen traubenförmigen Blütenständen. Während sich in der unteren Hälfte die männlichen Blüten befinden und in Büscheln stehen, bilden sich  die weiblichen Blüten am oberen Ende. Die Früchte ähneln denjenigen der Kastanien und enthalten rot-braune, marmorierte, giftige Samen, aus denen das medizinisch genutzte Rizinusöl durch Kaltpressung gewonnen wird. Die Samen enthalten Ricin, ein Eiweiß, das die Proteinsynthese in Zellen stoppen kann und damit die Apoptose der Zelle einleiten kann. Dieses Protein ist im Öl nicht enthalten.

Aufgrund der Ähnlichkeit der Samen mit einem Holzbock, der auf lateinisch Ricinus heißt, kam die Pflanze zu ihrem Namen.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • neutral bis warm
  • trocken

Geschmack

  • süß
  • leicht scharf
  • leicht bitter

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Dickdarm

Lipasen setzen in Gegenwart von Gallensäure die Rizinolsäure frei, die im Öl an Glycerin gebunden ist. Rizinolsäure fördert die Darmmotorik, indem sie die Freisetzung von Prostaglandin E2 stimuliert. Dieses Prostaglandin wiederum hemmt die Resorption und steigert die Sekretion von Flüssigkeiten in den Darm. Auf diese Weise wirkt Rizinusöl stark abführend.

Abführendes Kraut

Stark abführendes Kraut

  • gelegentliche, akute oder habituelle Obstipation

Äußerlich anwendbares Kraut

  • Rizinusöl ist Bestandteil von Hautpflegemitteln und Haarwässern.

Ausführlich werden die Kategorien unter Kategorien & Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die wir der jeweiligen Kategorie zugeordnet haben.

Anwendung

Öl

  • Erwachsene
    1 - 2 Esslöffel, 2 bis 5 g oder 2 - 5 ml als Einmaldosis
  • Der Wirkungseintritt erfolgt bei niedrigerer Dosierung nach 6 bis 8 Stunden, bei höherer Dosierung innerhalb von 2 bis 4 Stunden. Aufgrund des Wirkungsmechanismus führt eine Steigerung der Dosis nicht zu einer Steigerung der Wirkung.

Wir setzten Heilpflanzen in der Regel nicht als Einzeldroge, sondern gemeinsam mit anderen Heilpflanzen ein; wie wir sie kombinieren, ist im Abschnitt “Rezepturenlehre” erläutert. Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt. 

Nebenwirkungen

  • Beschwerden im Magen-Darm-Trakt mit Krämpfen, Übelkeit, Erbrechen und Flüssigkeitsverlusten (Dehydrierung)

Kontraindikationen

  • Schwangerschaft (Rizinusöl kann Kontraktionen des Uterus auslösen!)
  • Stillzeit (Rizinusöl kann in die Muttermilch gelangen), Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche
  • Ileus
  • akut-entzündliche Erkrankungen des Darms wie Appendizitis, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
  • Bauchschmerzen unbekannter Ursache
  • Gallenwegserkrankungen
  • Elektrolyt- und Flüssigkeitsverluste, Dehydrierung, Hypokaliämie
  • Daueranwendung über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen hinaus

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

  • Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.
  • Arzneistoffe mit einer geringen therapeutischen Breite müssen nach der Entleerung des Darms eingenommen werden.
  • Eine gemeinsame Anwendung mit Diuretika und Arzneistoffen, die Kaliumverluste nach sich ziehen können, sollte unterbleiben. Dies gilt auch für eine gemeinsame Anwendung mit Süßholz.

Pflanzenstoffe

Fettsäuren

  • Triricinolein (= Triglycerid der ungesättigten Rizinolsäure (=12-Hydroxyölsäure)) 70 %, Linol-, Öl-, Palmitin- und Stearinsäure

Sterole

  • ß-Sitosterol

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • laxierend
  • hydragog
  • antiabsorptiv

Geschichte & Mythologie

Rizinus wurde vom antiken Ägypten, über das alte Griechenland und das Römische Reich sowie das Mittelalter und die Neuzeit bis in die Moderne für medizinische und für kosmetische Zwecke genutzt. 

Quellen

Die von uns bei der Erstellung der Inhalte für diese Webseite verwendeten Fachbücher sind im Literaturverzeichnis einsehbar. Darüber hinaus basieren die Inhalte zu dieser Pflanze auf folgenden Quellen:

> HPMC-Monographie der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA)