Kalmus

Wissenschaftlicher Name: Acorus calamus
Pharmazeutischer Name: Calami rhizoma
Synonyme: Magenwurz
Familie: Acoraceae (Kalmusgewächse)

Heimat & Botanik

Der Kalmus stammt ursprünglich aus Südostasien. Er wächst an feuchten Standorten etwa im Bereich von Ufern oder im Sumpf. Sein bis zu drei Zentimeter dicker Wurzelstock breitet sich horizontal aus. Nach unten bildet er zahlreiche Faserwurzeln, die an eine Mähne erinnern. Sie ragen in den sumpfigen Untergrund. Nach oben bildet der Kalmus ungestielte, schwertförmige, bis zu einen Meter lange grüne Laubblätter mit einer stellenweise stark gewellten Kante. Zwischen ihnen befindet sich von Juni bis Juli ein kolbenförmiger Blütenstand. Seine unscheinbaren, grüngelben Kronblätter sind nur einen Millimeter lang und stehen dicht zusammen.

Der botanische Name „Acorus“ hat einen griechischen Ursprung. Die Bezeichnung "Ákoron" ist durch Dioskurides überliefert. Er beschreibt ihn in seiner Materia medica als eine der Schwertlilie ähnelnde Heilpflanze. Ob er damit jedoch den Kalmus meinte, ist unklar. Der Zusatz „calamus“ bedeutet Pfahl- oder Schilfrohr und beschreibt die Form des Blütenstands.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • warm
  • trocken
  • anhebend

Geschmack

  • bitter
  • aromatisch
  • scharf
  • etwas süß

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Milz, Magen, Lunge, Herz (Shen)

Kalmus enthält Bitterstoffe, aromatisch-scharf schmeckendes ätherisches Öl und Polysaccharide, die den süßen Geschmack beisteuern. Bitterstoffe wirken zusammen mit den ebenfalls enthaltenen Gerbstoffen trocknend auf Nässe, wobei die Feuchtigkeit dank des ätherischen Öls auch bewegt und beseitigt werden kann. Dabei fokussiert Kalmus nicht nur auf die Verdauungsorgane, er aktiviert auch den Shen und beseitigt Schleim nicht nur aus den Leitbahnen, sondern auch aus den Herzöffnungen. Wenn das Denken durch Feuchtigkeit und Schleim träge geworden ist, die Konzentration und das Gedächtnis darunter leiden und die geschwollene Zunge einen dicken Belag aufweist, ist Kalmus ein Mittel der Wahl. Auch bei kaltem Schleim in den Atemwegen gehört er daher mit in eine Rezeptur. 

Doch Kalmus enthält als Wurzel auch Polysaccharide, die die trocknenden Eigenschaften nicht nur ausgleichen; sie sorgen auch für tonisierende Eigenschaften. Kalmus ist daher ein Milz-Qi-Tonikum, das vor allem dann zum Einsatz kommt, wenn die Leere in der Milz bereits zur Ansammlung von Feuchtigkeit und Schleim geführt hat und der Qi-Fluss in der Mitte beeinträchigt ist.

Aromatisches, Nässe aus der Mitte eliminierendes Kraut

  • Diarrhö, breiiger, ungeformter Stuhl, dumpfer Kopf, dumpfe Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

kalten Schleim transformierendes und ausleitendes Kraut

  • geschwollene Zunge mit dickem Belag, Neigung zu Polypen, Rhinitis, Sinusitis, Bronchitis, dumpfe Kopfschmerzen

Schleim außerhalb der Lunge behandelnde Kräuter

Schleim in den Leitbahnen transformierendes Kraut

  • geschwollene Zunge mit dickem Belag, Neigung zu Lipomen, Lymphkontenschwellungen, dumpfe Kopfschmerzen

Kraut, das die Herzöffnungen von Schleim befreit

  • Konzentrationsschwäche, Gedächtnisschwäche, Trägheit des Denkens, dumpfer Kopf, orthostatischer Schwindel, Apoplex, Schock

Qi bewegendes Kraut

Mitte regulierendes Kraut

  • scharfes, Mitte regulierendes Kraut
    Appetitlosigkeit, Pankreasinsuffizienz, Müdigkeit, Schwäche, kalte Extremitäten, Anorexie, Motilitätsstörungen im Gastrointestinaltrakt, Koliken, Krämpfe, gastrointestinaler Reflux

Qi-Tonikum

  • Milz-Qi-Tonikum
    kalte Extremitäten, Appetitlosigkeit, breiige Stühle, Diarrhö, dumpfe Kopfschmerzen, Organsenkungen, Bindegewebsschwäche, Hernien, orthostatische Dysregulation, Schwäche im Alter, Zahnfleischrückgang

Shen aktivierendes Kraut

  • Konzentrationsschwäche, Gedächtnisschwäche, Trägheit des Denkens, dumpfer Kopf

Parasiten austreibendes Kraut

  • Toxoplasma gondii

Ausführlich werden die Kategorien unter Kategorien & Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die wir der jeweiligen Kategorie zugeordnet haben.

Anwendung

Infus oder Kaltauszug

  • ½  TL pro Tasse (1TL = ca. 3 g), 20 min. abgedeckt ziehen lassen, 3 x tgl. 1 Tasse a. c.

Wir setzten Heilpflanzen in der Regel nicht als Einzeldroge, sondern gemeinsam mit anderen Heilpflanzen ein; wie wir sie kombinieren, ist im Abschnitt “Rezepturenlehre” erläutert. Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt. 

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen beziehen sich auch auf Aspekte der chinesischen Medizin

  • Kopfschmerzen
  • Hypertonie mit rotem Kopf und Tinnitus
  • Magen-Feuer
  • Erbrechen

Vorsicht

Bisher fehlen Erkenntnisse und Daten zur Sicherheit der Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Die Anwendung wird daher nicht empfohlen.

Kontraindikationen

  • Daueranwendung wegen des Gehalts an Asarol

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Kalmus regt die Ausschüttung von Magensäure an und kann so unter Umständen die Bioverfügbarkeit von Medikamenten beeinflussen. Patienten sollten sich daher vor einer gemeinsamen Anwendung mit Arzneimitteln bei ihrer behandelnden Ärztin bzw. ihrem behandelnden Arzt beraten lassen, um Nutzen und Risiken abzuwägen. 

Pflanzenstoffe

Ätherisches Öl 2-6 %

  • Monoterpene wie Myrcen und Campher sowie Citralsiomer → typischer Geruch
  • Sesquiterpene wie β-Caryophllen, Humulen, Guajen, ar-Curcumen, Calamenon, Acorenon
  • Sesquiterpenketone wie Shyobunone, Acoron, Isoacoron
  • Phenylpropane wie α-Asaron, γ-Asaron, Acordin, sowie Isoeugenol v. a. in der indischen Variante, fehlt in der amerikanischen Droge

Gerbstoffe 0,6-1 %

Bitterstoffe

  • Acorin

Cholin

Polysaccharide

  • Schleimstoffe, Stärke 

Die Zusammensetzung der Pflanzenstoffe kann sich je nach Standort, Klima und Zeitpunkt der Ernte der Arzneidroge sowie dem Auszugsmittel und der Darreichungsform unterscheiden. Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche Pharmakologische Wirkungen

  • appetitanregend
  • karminativ
  • antidiarrhoisch
  • adstringierend
  • lipidsenkend
  • antidiabetisch
  • antiadipös
  • tonisierend
  • reizlindernd
  • spasmolytisch
  • neuroprotektiv
  • kardioprotektiv
  • antihypertensiv
  • antikonvulsiv
  • sedierend
  • antidepressiv
  • antiinflammatorisch
  • immunmodulierend
  • antioxidativ

Quellen