Islandflechte | Isländisches Moos

Wissenschaftlicher Name: Cetraria islandica s. l. , Cetraria s. str.
Pharmazeutischer Name: Lichen islandicus, Cetrariae lichen
Synonyme: Blutlungenmoos, Fiebermoos, Graupen, Hirschhornflechte, Irisches Moos, Islandmoos
Familie: Parmeliaceae (Schüssel- oder Strauchflechten)

Heimat & Botanik

Das in der kaltgemäßigten Zone, im alpinen oder arktischen Raum beheimatete Isländische Moos, hat einen aufrecht wachsenden, geweihähnlichen Flechtenkörper, den sogenannten Thallus. Dieser wird bis zu zwölf Zentimeter und ist durch seine an Rinnen oder gerollte Lappen erinnernde Gestalt charakterisiert. Während die Oberseite blau- bis braungrün ist, ist Unterseite weiß-grau oder weiß-grün. Ist die Flechte starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt, wie zum Beispiel im Hochgebirge lagert sie dunkelbraune Pigmente ein. Die Islandflechte ist äußerst robust: sie kann sowohl Kälte als auch lange Trockenheit überstehen.

Flechten bilden eine Einheit aus Pilzen und Algen dar. Sie leben symbiotisch zusammen. Der Pilz befindet sich am Boden und bildet Hyphen, die es der Flechte ermöglichen Wasser und Mineralstoffe aus der Erde aufzunehmen. Die Alge wiederum nutzt die Sonnenenergie zu Photosynthese.

Der Name der Islandflechte bezieht sich auf ihre Heimat im Süden Islands, wo sie im Gebirge wächst. "Cetraria" hat mit "caetra" oder "cetra" einen lateinischen Ursprung, was mit Schild übersetzt werden kann. Gemeint ist ein leichter Lederschild. Dies bezieht sich auf das lederähnliche, schildförmige Erscheinungsbild der Flechte. Der Pflanze ist sehr vielgestaltig, weshalb man dem Namen "s.l." für "sensu latiore" hinzufügt, was "im weiteren Sinne" bedeutet.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • kühl

Geschmack

  • bitter
  • etwas süß
  • fad
  • salzig

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Lunge, Magen, Niere

Tonikum

Yin-Tonikum

  • Lungen- und Magen Yin nährend: Reiz- und Keuchhusten, trocken und hartnäckig, chron. Bronchitis, Entzündungen der Schleimhäute von Mund, Rachen (Mandelentzündung, Parodontitis), Angina, chron. atrophische Gastritis
  • Nieren-Yin Mangel: HWS/LWS Gefühl wie durchgebrochen, Yin Mangel mit leerer Hitze, Nachmittagsfieber, Trockenheit von Haut und Schleimhäuten, Halsentzündungen, Mundtrockenheit.

Wei-Qi Tonikum

  • Aktiviert das Immunsystem, Infektanfälligkeit

Adstringierendes Kraut

Jing aufrauendes Kraut

  • Rekonvaleszenz, Erschöpfung nach Blutverlust, nach schweren Erkrankungen.

Hitze kühlendes Kraut 

Feuer kühlendes Kraut

  •  Magen-Hitze, chron. atrophische Gastritis, aufsteigende Hitze, Sodbrennen, Reizblase

Schleim ausleitend und Husten stoppendes Kraut

Schleim erweichendes Kraut

  • Bronchitis mit zähem Schleim, Reiz- und Keuchhusten

Abführendes Kraut

Mild abführend und den Darm befeuchtendes Kraut

  • Nährt und befeuchtet die Körpersäfte im Darm: Obstipation mit Trockenheit. 

Qi bewegendes Kraut

Mitte regulierendes Kraut, absenkendes, bitteres Kraut

  • Magen-Hitze, Sodbrennen, Nahrungsmittelstagnation, Übelkeit, Appetitanregend 

Ausführlich werden die Kategorien unter Kategorien & Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die wir der jeweiligen Kategorie zugeordnet haben.

Anwendung

Infus

  • 2 - 4 g pro Tasse (1 TL = ca. 1,8 g)
  • 15-20 Minuten ziehen lassen, Infus oder Kaltauszug
  • Tagesdosis 4 - 6 g
  • Wer den bitteren Geschmack reduzieren will, kann den ersten Aufguss sofort wegschütten und dann die angefeuchtete Teedroge erneut mit frisch abgekochtem Wasser übergießen.

Tinktur

  • Erwachsene
    • 3 x täglich 1 - 1,5 ml
    • Tagesdosis 3 bis 4, 5 ml

Fertigarzneimittel

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Wir setzten Heilpflanzen in der Regel nicht als Einzeldroge, sondern gemeinsam mit anderen Heilpflanzen ein; wie wir sie kombinieren, ist im Abschnitt “Rezepturenlehre” erläutert. Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt. 

Nebenwirkungen

Nicht bekannt.

Vorsicht

Bisher fehlen Erkenntnisse und Daten zur Sicherheit der Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Die Anwendung wird daher nicht empfohlen.

Kontraindikationen

  • Kinder unter 6 Jahren 

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Die Schleimstoffe der Islandflechte können unter Umständen die Aufnahme von Arzneistoffen verzögern, daher sollte Isländisches Moos sicherheitshalber 30 bis 60 Minuten vor der Einnahme von Medikamenten oder zwei Stunden danach angewendet werden. Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

Flechtensäuren und andere Pflanzensäuren

  • Felchtensäuren wie Cetrar-, Dihydroprotocetrar-, Dihydrofumaroprotocetrar-, Fumarprotocetrar-, Protocetra-, Protolichesterin-, Succinprotocetrarsäure u. a.
  • Fettsäuren wie Öl-, Palmitin- Stearinsäure
  • andere Säuren wie Benzoe-, Fumar-, Zitronensäure

Kohlenhydrate

  • Arabinitol, Betaglucan-Polymere, Sucrose, wasserlösliche, schleimhaltige Polysaccharide (Lichenine)

Sterole 

  • Ergosterol

Flechtenfarbstoffe

  • Depside wie Divaricatsäure

Dibenzofuran

  • Usninsäure

Mineralstoffe und Spurenelemente 

  • wie Calcium, Eisen, Kalium, Natrium, Silicium, Zink, Brom, Jod
    Spuren von Arsen, Quecksilber und Nickel sind je nach Standort nicht ausgeschlossen, pharmazeutisch geprüfte Ware wird auf entsprechende Rückstände kontrolliert.

Sonstige

  • Carotinoide, Chinone, Naphtharizin

Die Zusammensetzung der Pflanzenstoffe kann sich je nach Standort, Klima und Zeitpunkt der Ernte der Arzneidroge sowie dem Auszugsmittel und der Darreichungsform unterscheiden. Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • antibakteriell
  • antimykotisch
  • antiinflammatorisch
  • antioxidativ
  • immunmodulierend
  • expektorierend
  • antitussiv
  • reizlindernd
  • zytotoxisch
  • depigmentierend
  • neuroprotektiv
  • antidiabetisch
  • appetitanregend

Geschichte & Mythologie

Der isländischen Legende zu Folge gediehen Schweine und Kühe in Island gut. Grund war Misere, das Isländische Moos, das Teil des Futters war. Alle waren dementsprechend gesund und wohlhabend. Als Bettler verkleidet zog ein Gott durchs Land und bat in reichen Bauernhöfen um eine milde Gabe. Vergeblich. Daraufhin sprach er einen Zauber aus, so dass die Flechte sich unter die Schneegrenze zurück zog. Deshalb wird die Islandflechte sowohl mit Wohlstand, aber auch mit dessen Vergänglichkeit in Verbindung gebracht.

Das Isländische Moss wird zudem mit Elfen und Gnomen in Verbindung gebracht und soll beim Räuchern Glück bringen. Im 17. Jahrhundert wurde es erstmals in einem dänischen Verzeichnis von Arzneimitteln erwähnt. Traditionell wurde es in den skandinavischen Ländern gegen Husten und Erkrankungen der Lunge eingesetzt sowie gemahlen als Ersatz für Getreibe bei der Zubereitung von Grütze.

Quellen