Gundermann | Gundelrebe

Wissenschaftlicher Name: Glechoma hederacea
Pharmazeutischer Name: Glechomae hederaceae herba
Synonyme: Erdefeu, Gundelrebe, Gundermann, Heckenkieker, Zaunkraut
Familie: Apiaceae (Doldenblütler)

Heimat & Botanik

Der Gundermann ist ein wintergrünes Kraut, das am Fuß von Bäumen und auf Wiesen in Europa anzutreffen ist und nitratreiche, feuchte Standorte bevorzugt. Es erstreckt sich über lange, sich verzweigende Ausläufer. Der Gundermann klettert zehn bis dreißig Zentimeter an Mauern oder Baumstämmen empor.

An den kantigen Trieben sitzen kreuzgegenständig die nieren- bis herzförmigen Blätter, die fast so breit wie lang sind. Sie haben eine abgerundete Spitze und sind am Rand leicht gekerbt. In ihren Blattachseln erscheinen im Frühjahr die blau-violetten Lippenblüten, die einen typischen purpurfarbenen Fleck auf der Unterlippe haben. Sowohl der röhren- bis glockenförmige Kelch als auch die eineinhalb bis zweieinhalb Zentimeter lange Krone haben eine Ober- und eine Unterlippe. Die flache Oberlippe hat drei deutlich erkennbare dreieckige Zähne, die größere Unterlippe verfügt dagegen nur über zwei Zähne. Die Staubblätter bilden sich an der Unterseite der Oberlippe.

"Glechoma" hat mit "glechon" einen griechischen Ursprung. Dies ist eigentlich der griechische Name der Poleiminze. Der botanische Namenszusatz "hederacea" bedeutet efeuartig und beschreibt die rankenden Eigenschaften des Gundermanns. Auch der deutsche Name Gundelrebe greift diese Fähigkeit auf. Die Bezeichnung "Gundermann" leitet sich dagegen vom Althochdeutschen “Gund” für Eiter ab.

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • neutral – leicht warm
  • trocknend

Geschmack

  • leicht bitter
  • etwas scharf
  • aromatisch
  • adstringierend

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Leber, Lunge, Niere, Blase

Wenn der Gundermann blüht, ist der Winter mehr oder weniger vorbei. Gundermann ist gewissermaßen einer der Frühlingsboten, die anzeigen, dass die mit der Kälte verbundene Erstarrung überwunden ist, dass das Yang endgültig wieder an Kraft gewinnt und langsam aber sicher die Oberhand gewinnt. Das Kraut schmeckt aufgrund seines Gehalts an ätherischem Öl aromatisch-scharf. Dieses ätherische Öl zerteilt heißen Schleim und bewegt das Qi zusammen mit den Flavonoiden, die wie die Triterpene bitter schmecken. Dieser bittere Geschmack entfaltet eine absenkende und kühlende Wirkung. Zusammen mit dem adstrinigerenden Geschmack, der auf die Phenolcarbonsäuren zurückzuführen ist, wirkt der bittere Geschmack zudem Nässe trocknend. Die diuretisch wirksame Pflanze kann Ödeme lindern und Schwermetalle ausleiten. 

Gundermann ist eine Pflanze, die aufgrund ihrer expektorierenden und antiinfektiösen Wirkung erfahrungsgemäß insbesondere dazu beitragen kann, alten Schleim zu eliminieren. Die Arzneipflanze wirkt vor allem auf den oberen und den unteren Jiao. Dabei reguliert sie die Holz-Metall-Achse. Hier hat sie nicht nur einen Bezug zu den Atemwegen, sondern auch zur Haut, wo sie zum Ausleiten von toxischer Hitze beitragen kann. 

Nässe ausleitende Kräuter

Kräuter, die Leber-Qi-Stagnation behandeln

  • Ödeme

Schleim ausleitendes und Husten stoppendes Kraut

heißen Schleim zerteilendes Kraut

  • chronische Bronchitis, chronische Sinusitis mit zähem gelbem Schleim

Asthma behandelndes und Husten stoppendes Kraut

  • Asthma

Hitze kühlendes Kraut

Nässe trocknendes Kraut (feuchte Hitze)

  • Hyperurikämie, Gicht, Nephroliathiasis, Cholelithiasis, Zystitis, Fluor vaginalis, Diarrhö

toxische Hitze ausleitendes Kraut

  • eitrige Erkrankungen Schleimhäute, der Zähne, im Kiefer, im Mund, Stomatitis, Parodontitis im Magen-Darm-Trakt, Otitis media
  • Holz greift Metall an

Qi bewegendes Kraut

Leber-Qi bewegendes Kraut

  • Völlegefühl, Gallenflussstörungen, Verdauungsstörungen
  • Migräne, Kopfschmerzen im Bereich von Stirn oder Schläfen mit gespanntem Puls, Ischalgie

Kraut, das die Haut behandelt

  • Akne, schlecht heilende, eitrige Wunden, eitrige Entzündungen der Zähne, Parodontitis

Schwermetalle und Giftstoffe ausleitendes Kraut

Äußerlich anwendbares Kraut

  • Auflagen, Waschungen oder Spülungen bei Akne, Pigmentflecken, eitrigen Entzündungen im Mund

Ausführlich werden die Kategorien unter Kategorien & Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die wir der jeweiligen Kategorie zugeordnet haben.

Anwendung

Infus

  • 2-4 g pro Tasse
  • 5-10 Minuten abgedeckt ziehen lassen
  • 2-4 x täglich eine Tasse

Frischpflanzentinktur

  • 1-3 x täglich 3-5 Tropfen in Wasser oder nach Herstellerangaben

Fluidextrakt

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Kräuterelixier nach Hildegard von Bingen

Das Elixier enthält weitere Kräuter!

  • 3 x täglich 1 Likörglas

Bäder und Waschungen

  • Dekokt mit 5 EL Kraut auf 5 Liter Wasser 

Wir setzten Heilpflanzen in der Regel nicht als Einzeldroge, sondern gemeinsam mit anderen Heilpflanzen ein; wie wir sie kombinieren, ist im Abschnitt “Rezepturenlehre” erläutert. Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt. 

Nebenwirkungen

Bei Überdosierung 

  • Gastroenteritis
  • Darmkoliken
  • Diarrhö

Vorsicht

Bisher fehlen Erkenntnisse und Daten zur Sicherheit der Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. 

Kontraindikationen

Bisher sind keine Kontraindikationen bekannt.

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

Phenolsäuren

  • Hydroxyzimt-, Chlorogen-, Kaffeesäurederivate z. B. Rosmarinsäure 

Flavonoide

  • Quercetin, Rutin, Luteolin, Hyperoside, Agigenin, Kaempherol und ihre Derivate

Triterpene und Sterole

  • Ursol-, Oleanolsäure, ß-Sitosterin

ätherische Öle

  • Sesqui- und Monoterpene
    v. a. β-Myrcen, β-Ocimen, Germacren-D und-B, Eucalyptol (=1,8 Cineol) → antiviral, expektorierend

Vitamin C

Mineralstoffe

  • Kalium

Die Zusammensetzung der Pflanzenstoffe kann sich je nach Standort, Klima und Zeitpunkt der Ernte der Arzneidroge sowie dem Auszugsmittel und der Darreichungsform unterscheiden. Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • antioxidativ
  • antibakteriell
  • antiviral
  • antiinflammatorisch
  • expektorierend
  • diuretisch
  • depigmentierend
  • zytotoxisch
  • wundheilungsfördernd
  • adstringierend 

Geschichte & Mythologie

Bei den Germanen gehörte der Gundermann zu den Heil- und Zauberpflanzen, die vor Pest ebenso schützen sollte wie vor Hexen. Von Hildegard von Bingen ist der Gundermann als kräftigende Pflanze bei Erschöpfung und bei Frauenkrankheiten genutzt worden. Zudem sollte es Gifte austreiben.

Quellen