Zahnstocherammei

Wissenschaftlicher Name: Ammi visnaga
Pharmazeutischer Name: Ammi visnagae fructus
Synonyme: Bischofskraut, Khellafrüchte, Knorpelmöhre
Familie: Apiaceae (Doldenblütler)

Heimat & Botanik

Die Zahnstocherammei ist eine in Nordafrika, Eurasien und Mittelmeerraum beheimatete Pflanze, die bis zu einem Meter hoch wird. Ihre Laubblätter sind im unteren Bereich einfach gefiedert, in den oberen Abschnitten sind sie zwei- bis dreifach gefiedert, wobei die Blattzipfel fadenförmig sind.

Von Juni bis Oktober blüht die Zahnstocherammei mit weißen Doppeldolden, die über 100 Einzeldolden vereinen können. Die Blüten haben eine doppelte Blütenhülle und fünf weiße, verkehrt-herzförmige Kronblätter mit einem Mittelzipfel. Dabei sind die am Rand stehenden Kronblätter größer als die zur Mitte orientierten Blütenblätter. Wenn die Früchte reifen, ziehen sich die Doldenstrahlen dicht zusammen.

Im Orient verwendet man die Stiele zur Herstellung von Zahnstochern - ein Brauch, der der Pflanze den Namen gab. 

Eigenschaften & Geschmack

Eigenschaften

  • warm
  • trocken

Geschmack

  • leicht bitter
  • aromatisch

Die Wirkung des Geschmacks wird in den Theoretischen Grundlagen erläutert.

Wirkungen & Indikationen in der chinesischen Medizin

Tropismus: Leber, Herz, Lunge

Schleim ausleitende und Husten stoppende Kräuter

Asthma behandelndes und Husten stoppendes Kraut

  • Asthma, Husten, Dyspnoe

Qi bewegendes Kraut

Leber-Qi bewegendes Kraut

  • Krämpfe, Gallenkoliken, Gallenstau, Migräne, konstante Kopfschmerzen an Stirn oder Schläfen, Dysmenorrhö, Spasmen der Harnwege

Herz-Qi bewegendes Kraut

  • Tachykardie, Extrasystolen

Blut bewegende und Stase lösendes Kraut

  • Prävention der Angina pectoris, Koronare Herzerkrankung (KHK), Cor pulmonale

Aromatisches Kraut, das die Sinne öffnet und Leitbahnen befreit

  • Stimmungsschwankungen

Ausführlich werden die Syndrome unter Syndrome und Rezepturen vorgestellt. Dort werden auch weitere Pflanzen gelistet, die zur Behandlung der entsprechenden Syndrome eingesetzt werden können.

Anwendung

Infus

  • unüblich
  • ¼ – 1 TL pro Tasse  (0,5 g pro Tasse)
  • 15 min. ziehen lassen
  • 3 x tägl. 1 Tasse

Tinktur 

  • 2-3x täglich 5-10 Tr. oder nach Herstellerangaben

Homöopathische Komplexmittel

  • Dosierung nach Herstellerangaben

Relevante Informationen zu den verschiedenen Darreichungsformen sind in der Rubrik "Theoretische Grundlagen" hinterlegt.

Nebenwirkungen

  • Photosensiblisierung und Phototoxizität
    Ein effektiver Sonnenschutz ist daher empfehlenswert.
  • Bei Überdosierung
    Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Schlafstörungen, Juckreiz, Diarrhö, Appetitlosigkeit
  • Anstieg der Transaminasen (GOT, GPT, γ-GT)
  • Allergische Reaktionen

Kontraindikationen

  • bekannte Unverträglichkeit
  • Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder und Jugendliche

Mögliche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen

  • Khellin ist ein CYP450 Inhibitor und kann daher die Wirkung von zahlreichen Arzneistoffen beeinflussen.
  • Die Pflanze wirkt negativ chrontrop, positiv inotrop, so dass Interaktionen mit Antiarrhythmika möglich sind.
  • Zahnstocherammei erhöht die Plasmaspiegel von Warfarin und Phenprocoumon, so dass ein erhöhtes Blutungsrisiko nicht ausgeschlossen ist.
  • Die Pflanze wirkt photoxisch und kann entsprechende Wirkungen von Arzneistoffen steigern. Ein effektiver Sonnenschutz ist daher dringend erforderlich.

Im Falle einer geplanten gemeinsamen Anwendung zusammen mit Arzneistoffen sollten Nutzen und Risiken gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgewogen werden.

Pflanzenstoffe

Cumarine

  • Furanocchromone 2-4 % (γ-Pyrone) Khellin, Khellinin, Visnagin u. a.
  • Pyranocumarine 0,2-0,5 %:  Visnadin, Samidin, Dihydrosamidin u. a.
  • Furanocumarine

Flavonoide

  • Apigenin-, Isorhamnetin-, Kämpferol-, Luteolin-, Quercetin-, Rhamnocitrinderivate u.a. sowie Isoflavonoide

ätherische Öle 

  • Citronellol, Caryophyllenoxid, Limonen, Linalool, Nerol, α-Pinen, β-Pinen, α-Terpinen, Thymol

fettes Öl 12-18 %

  • Eicosan-, Lignocerin-, Linol-, Linolen-, Palmitin-, Petroselin-, Stearinsäure

Proteine 12-14 %

Sterol

  • β-Sitosterol 

Ausführlich werden die Pflanzenstoffgruppen unter Pflanzenstoffe A-Z vorgestellt.

Mögliche pharmakologische Wirkungen

  • positiv inotrop
  • negativ chronotrop
  • vasodilatativ: Koronarperfusion ↑
  • spasmolytisch
  • antiinflammatorisch
  • antimikrobiell
  • antioxidativ
  • zytotoxisch
  • Histaminfreisetzung ↓

Geschichte & Mythologie

Die Zahnstocherammei wurde bereits im Papyrus Ebers erwähnt. Auch arabische Ärzte wie Avicenna schrieben über die Pflanze.

Khellin führte zur Entwicklung der Cromoglycinsäure, die die Membran der Mastzellen stabilisiert und so die Histaminausschüttung hemmt. Auf diese Weise wird eine vermehrte Schleimproduktion reduziert, Krämpfe und zäher Schleim werden gelöst.

Quellen

> Blaschek W (Hrsg.). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Stuttgart 2016
> Schilcher H. Leitfaden Phytotherapie. München 2016
> Ritter S. Arzneimittel-Interaktionen in der Phytotherapie. Bad Kötzting 2019
> Khalil N, Bishr M, Desouky S, Salama O. Ammi Visnaga L., a Potential Medicinal Plant: A Review. Molecules. 2020 Jan 12;25(2):301.